London - Großbritannien und die USA führen Gespräche
über die Stationierung des umstrittenen US-Raketenabwehrsystems auf
britischem Boden. Ein Regierungssprecherin bestätigte am Freitag in
London einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins "The
Economist". Premierminister Tony Blair sei der Ansicht, dass das
System ein wichtiger Schritt für den Raketenabwehrschutz in Europa
sei, sagte die Sprecherin. Die Gespräche stünden noch "ganz am
Anfang". Das Nachrichtenmagazin "The Economist" hatte berichtet, dass
die bisher geheimen Verhandlungen im Herbst auf Initiative Blairs
begonnen hätten.
Großbritannien hatte bereits 2003 auf Anfrage der USA ein
Frühwarn-Radarsystem installiert, das jetzt Bestandteil des geplanten
US-Abwehrsystems werden soll. Bei den jüngsten Gesprächen geht es
nach Angaben des "Economist" um die Stationierung von Abfangjägern,
die im Fall eines Angriffs auf Europa oder die USA zielende Raketen
abschießen sollen.
"Erbärmlich"
Die Gespräche stießen in Blairs Labour-Partei auf heftige Kritik.
Es sei "erbärmlich", die britische Souveränität auf diese Weise
aufzugeben, kritisierte der Abgeordnete John McDonnell. Kate Hudson
von der Kampagne für Nukleare Abrüstung sagte, eine Stationierung
des Raketenabwehrsystems in Großbritannien setze die britische
Bevölkerung einem großen Risiko aus. Das System sei "gefährlich und
provokativ".
Bisher war nur die geplante Einrichtung des Raketenabwehrsystems
in Osteuropa bekannt. In Tschechien soll nach den US-Plänen
Radartechnologie installiert werden. In Polen könnte innerhalb der
nächsten drei Jahre die Stationierung von insgesamt zehn
Abwehrraketen beginnen, hieß es am Donnerstag aus Washington. Als
Reaktion auf die Pläne hatten russische Generäle zuletzt mit dem
Ausstieg aus Abrüstungsverträgen gedroht. (APA/dpa)