Allerdings habe Serbien nicht seine Plicht erfüllt, den Völkermord zu verhindern und die Verantwortlichen zu bestrafen, hieß es weiter im Urteilsspruch, für den die überwiegende Mehrheit der fünfzehn Richter des IGH gestimmt hatte. Serbien sei ebenfalls schuld daran, den Hauptverantwortlichen für den Völkermord, den bosnisch-serbischen Ex–General Ratko Mladiæ, nicht festgenommen und dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen überstellt zu haben. Drei Stunden lang begründete am Montag die Vorsitzende des IGH, Rosalyn Higgins, das Urteil im vor vierzehn Jahren begonnenen Prozess. Serbien sei der rechtliche Nachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien (SRJ), stellte die Britin fest. Der Kläger habe aber weder bewiesen, dass die Organe oder die Armee der SRJ in den Völkermord involviert, noch dass die Vollstrecker des Völkermords unter einer effektiven Kontrolle der staatlichen Behörden in Belgrad gewesen seien.
Massenmorde
Die politischen Organe und die Streitkräfte der Serben_republik in Bosnien „Republika Srpska“ (RS), könnten nicht als simple Instrumente der SRJ ohne jegliche Autonomie betrachtet werden. Trotz „starker“ Beweise von Massenmorden konnte nicht bewiesen werden, dass es eine „Absicht, Genozid zu begehen“ oder Völkermord auf dem gesamten bosnischen Territorium gegeben habe, erklärte Higgins. Sie bestätigte aber, dass es in Srebrenica zum Völkermord gekommen sei, als im Juli 1995 bosnisch-serbische Truppen rund 8000 bosnische Muslime erschossen.
Definition von Völkermord
Der IGH berief sich auf die 1948 beschlossene UN-Konvention, die den Völkermord als „Handlungen, begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören“ definiert. Dazu gehört das Töten oder Zufügen von schweren körperlichen oder seelischen Schäden bei Angehörigen einer Gruppe oder die absichtliche Unterwerfung unter Lebensbedingungen, die auf die physische Zerstörung der Gruppe abzielen.