Wien - Der Schauplatz: Der Große Schwurgerichtssaal im Straflandesgericht Wien. Die Handlung: Ein Mordprozess. Die handelnden Personen: Zwölf Geschworene. Sogar der Vorsitzende Richter ist - fast - echt. Nur ein einziges Requisit macht stutzig: Unter dem österreichischen Republiks-Adler sind "Stars and Stripes" aufgepflanzt. Ein Irrtum der Justiz? Fehlanzeige: Die nächtliche Verhandlung ist ein Theaterstück und dient einem guten Zweck. Sonntagabend öffnete Justitia den ehrwürdigen Saal für eine Benefiz-Veranstaltung zu Gunsten des "Weißen Rings", der Kriminalitätsopfer unterstützt.

Das Justizdrama "Die zwölf Geschworenen" von Reginald Rose wurde von der Laien-Theatergruppe Ensemble Döbling aufgeführt. Aber nicht wie in der Originalfassung, mit einem Dutzend Männern. In der "Landl"-Version sind alle zwölf Laienrichter Frauen, und höchst streitbare - auch unter- und gegeneinander - noch dazu.

Alle Rollen weiblich besetzt

Für Regisseur Willfried Kovarnik, der auch die Stimme des Richters verkörpert, ist Justitia keineswegs ein fremdes Terrain: Der passionierte Theatermann ist im Hauptberuf Leiter der Verwaltungspolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien. Bei der Inszenierung habe er, wie er zur APA sagte, "aus der Not eine Tugend gemacht" und alle Rollen weiblich besetzt. Denn im Ensemble ist das schwache Geschlecht stark vertreten. Die Dialoge schrieb er, wenn nötig, auf weiblich um.

Unter den zwölf Geschworenen entspinnen sich denn auch heftige Gefechte, in der Justizsache selbst wie auch zwischenmenschlich. Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten bleiben nicht aus. Das Dutzend Damen ist glaubhaft dargestellt durch ein buntes soziales Gemisch. Arrivierte Geschäftsfrau, Arbeiterin, PR-Lady, Einwanderin etc. Wie im wirklichen Leben - "sie kommen aus allen Bereichen", so Kovarnik über "seine" Geschworenen.

Eine in der Damenrunde, wo zuerst alle von der Schuld des jugendlichen Mörders überzeugt sind, sät den Kern des Zweifels. Und allmählich entwickelt sich aus der "Bringen wir's hinter uns"-Mentalität ein Denk- und Diskussionsprozess, man lässt Tatwaffe, Zeugenaussagen, Tatort Revue passieren. Persönliche Vorurteile, eigenes Leid und Erleben fließen ein. Zweifel kommen auf, eine Frau nach der anderen wird "weich geredet" und "fällt um". Plötzlich überwiegen die Ängste, an einem falschen Todesurteil mitschuldig zu werden. Am Ende steht ein gemeinschaftliches "Im Zweifel für den Angeklagten".

Kim kochte

Ebenfalls im Sinn der guten Sache hieß es dann "Kim kocht". Die Hauben-Gastronomin servierte den rundum begeisterten Theatergästen Leckeres aus ihrer Küche, garniert mit Appellen des Polizeichefs alias Regisseurs, für die Kriminalitätsopfer zu spenden. Was diese nach Kunst- und Gaumengenuss denn auch taten: Rund 5.000 Euro für den "Weißen Ring" ließen sie im Grauen Haus. (APA)