Bild nicht mehr verfügbar.

Die Menge an in Österreich sichergestellten Ecstasy-Pillen hat sich im Vorjahr verdreifacht.

Foto: dpa/Stratmann
Lediglich Ecstasy und Cannabis sorgten im Vorjahr für ein neues All-Time-High bei Sicherstellungen. Drogenfahnder entdecken immer öfter Haschisch-Plantagen.

Wien - Rund ein Drittel aller Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist einem gelegentlichen Joint nicht abgeneigt und verstößt damit vorsätzlich gegen das Suchtgiftgesetz. Ist Österreichs Jugend deshalb kriminell? Nein, meint Innenminister Günther Platter (ÖVP), man müsse "sensibel" mit dem Problem umgehen. Angezeigt werden junge Drogenkonsumenten aber trotzdem. 2006 fiel fast ein Fünftel aller Suchtmittelanzeigen auf Schüler, Studenten, Lehrlinge, Zivil- und Grundwehrdiener.

Insgesamt wurden im Vorjahr 24.008 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz erstattet - ein Rückgang um 7,28 Prozentpunkte im Vergleich zu 2005. Das Verhältnis zwischen Vergehen und Verbrechen klafft weiterhin auseinander: 20.340 Anzeigen betrafen Konsumenten und Besitzer geringer Mengen, 3668 Anzeigen galten Dealern.

Nach Substanzen aufgeschlüsselt bilden in der am Montag präsentierten Anzeigenstatistik Cannabiskraut ("Gras") und Cannabisharz ("Shit") die einsame Spitze (rund 19.000 Anzeigen), dahinter folgen Heroin, Kokain, Ecstasy. Was die Menge an sichergestellten Suchtgiften (siehe Grafik) betrifft, verzeichnete die Polizei teils starke Rückgänge - mit Ausnahme von Cannabis und Ecstasy: eine Tonne Hanf, die in einem für Spanien bestimmten Schiffscontainer am Hafen Freudenau entdeckt wurde, ergab insgesamt die Rekordmenge von 1,8 Tonnen Cannabis. Die Menge an sichergestellten Ecstasy-Pillen hat sich verglichen mit 2005 verdreifacht. Alle beschlagnahmten Drogen zusammen hätten auf dem illegalen Straßenmarkt rund 21 Millionen Euro gebracht.

Österreich als Transitstation

"Österreich ist kein klassisches Erzeugerland, sondern in erster Linie Transitstation", erklärte Herwig Haidinger, der Chef des Bundeskriminalamtes (BK). Innenminister Platter kritisierte in diesem Zusammenhang, dass es nicht gelinge, in Afghanistan Alternativen zum Opiumanbau zu schaffen. Die Anbaufläche für den Rohstoff von Heroin habe im Vorjahr sogar wieder um 69 Prozent zugenommen.

Sorgen machen den Drogenfahndern aber auch immer mehr einheimische Haschisch-Plantagen. Die Indoor-Kultivierung werde durch den erlaubten Verkauf von Setzlingen und Zubehör gefördert, kritisierte BK-Spezialist Gerhard Stadler. 301 Anzeigen wurden im Vorjahr wegen der Aufzucht THC-haltiger Pflanzen erstattet. Tetrahydrocannabinol, der Hauptwirkstoff von Cannabis Sativa, ist besonders in den unbefruchteten weiblichen Blütenständen hoch konzentriert.

Suchtverhalten

Nach einer Studie des Gesundheitsministeriums hat ein Fünftel der Bevölkerung schon einmal gekifft, bei jungen Leuten liegt der Anteil bei 35 Prozent. 25.000 bis 30.000 Menschen gelten in Österreich als heroinabhängig. Bei anderen Suchtgiften ist die Zahl der Abhängigen um einiges schwerer einzuschätzen. Kokainsüchtige leben laut dem Drogenbericht des Gesundheitsministeriums meistens "sozial unauffällig" und sind dadurch schwerer zu erfassen. 2,5 Prozent der Bevölkerung (ab 14 Jahre) dürfte aber schon einmal Kokain konsumiert haben, ungefähr gleich hoch liegt der Anteil bei den Partydrogen LSD und Ecstasy.

War Mitte der 90er-Jahre noch ein Rückgang der Zahl der Drogentoten zu verzeichnen, stieg diese in den vergangenen Jahren wieder kontinuierlich an. Für das Jahr 2005 meldetet das Gesundheitsressort in seinem Drogenbericht 191 Opfer. Bei den meisten Toten wurden mehrere Suchtmittel im Körper nachgewiesen, in 80 Prozent der Fälle waren Opiate beteiligt. (Stefanie Kompatscher, Michael Simoner/DER STANDARD-Printausgabe, 27.02.2007)