Jan Ullrich also bleibt, wie er sagt, "dem Radsport erhalten". Volksbank statt Volksheld, so könnte man sagen. Am Montag hat Ullrich seinen Rücktritt vom aktiven Sport erklärt, ab sofort wird er für das international zweitklassige österreichische Team Volksbank als Berater, Repräsentant und Werbeträger tätig sein. Der Deutsche, der von Tausenden umjubelt und vom TV-Sender ARD jahrelang für Interviews bezahlt wurde, nachdem er 1997 die Tour de France gewonnen hatte, hat seine neue sportliche Heimat, je nach Sichtweise, vor oder doch hinter dem Berg gefunden – die Volksbank-Equipe ist in Götzis daheim. Was die Vorarlberger geritten hat, Ullrich zu verpflichten, bleibt ihr Geheimnis. Es wäre eine Überraschung, könnte er ihnen mehr als kurzfristige Aufmerksamkeit sichern.

Seinen wohl letzten großen Auftritt gab Ullrich, als er in Hamburg einen 43-Minuten-Rücktrittsmonolog hielt. Er hatte sich, gab er an, den Text nicht aufsetzen lassen, Auftritt und Statement gerieten über weite Strecken zur Peinlichkeit. Vergeblich und halb lustig und scheinbar tatsächlich in seinen eigenen Worten war Ullrich vor allem bemüht, zum Rundumschlag gegen seine Kritiker auszuholen. Kurz nur sprach er über "das Erfreuliche, die Zukunft", sie sieht so aus, dass Ullrich nicht nur für Volksbank, sondern auch für andere Firmen werben wird.

Keine Rede davon, dass Ullrich reinen Tisch gemacht hätte. Er glaubt tatsächlich, dass er wie alle anderen, die in Dopingskandale wie jenen um den spanischen Arzt Fuentes verstrickt sind, dem Radsport mehr genützt denn geschadet hat. Am Ende marschierte er ab, ohne zu schwer wiegenden Indizien Stellung zu nehmen oder seine Verzögerungstaktik zu erklären. Fragen wollte er erst in der Nacht beantworten, bei Beckmann auf ARD, in seinem (seinerzeitigen) Bezahl-Sender. Ein trauriger Abgang. (Fritz Neumann, DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 27. Februar 2007)