Thomas Hasler unterrichtet seit 2000 Erdkunde an einer New Yorker High School - und zählt somit zu den Dienstältesten der Schule.
Ansichtssache: LehrerInnen berichten aus New York.

Foto: Hasler
Unterrichten in New York, das war für Tatjana Hoffmann eigentlich kein Berufsziel. Nach dem Lehramtsstudium für Französisch und Englisch in Wien ging sie nach Bristol, um am Graduate Teacher Program teilzunehmen. "Erst als ich mein Freund bat, mit ihm nach New York zu ziehen, machte ich mich eifrig auf die Jobsuche", berichtet sie. "Schliesslich habe ich einen Brief an das Board of Education in New York geschrieben, die mich dann an das AAECA in Wien aufmerksam gemacht haben." Durch Zufall habe sie auch noch über befreundete Lehrer die Leiterin des "Professional Teaching Development"-Projekts, Ingrid Farthofer, kennengelernt.

Stetig ausgeweitet

AAECA steht für Austrian-American Educational Cooperation Association: Das Professional Teaching Development-Programm der Organisation ermöglicht seit 1998 österreichischen LehrerInnen an New Yorker High Schools zu unterrichten. "Angefangen haben wir mit naturwissenschaftlichen Fächern, mittlerweile vermitteln wir auch Spanisch-, Erdkunde- und TurnlehrerInnen sowie Hauptschul- und SonderschullehrerInnen", erklärt die Programmleiterin Ingrid Farthofer. Auch LehrerInnen aus den Nachbarländern können sich für das österreichische Programm bewerben. Laut Angaben von AAECA befinden sich derzeit 107 TeilnehmerInnen in New York, 58 davon aus Österreich.

Die Zahl der Bewerbungen für das Auslandsprogramm ist laut Farthofer stark vom Irak-Krieg beeinflusst worden: "Zu Spitzenzeiten waren es 130, im Jahr 2003 nur mehr 45. Jetzt hat sich die Zahl auf rund 70 BewerberInnen eingependelt." Voraussetzung ist der Nachweis einer dreijährigen Lehrtätigkeit. Da dazu auch Nachhilfeunterricht und für Turnlehrer Sportkurse zählen, können sich auch LehrerInnen, die noch nie an einer österreichischen Schule unterrichtet haben, teilnehmen. Laut Farthofer interessieren sich StudienabgängerInnen genau so für das Programm wie erfahrene LehrerInnen. Wieviel aufgenommen werden, hängt nicht von AAECA ab, sondern vom New Yorker Department of Education. "Die wählen die LehrerInnen bei den Bewerbungsgesprächen in Wien aus. Ein definiertes Limit gibt es nicht, aber meist werden bis zu 80 Prozent der LehrerInnen aufgenommen", so die Programmleiterin.

Starkes Interesse an gutem Lehrpersonal

Die aufgenommenen LehrerInnen werden in einem Workshop im August in New York auf ihren Unterricht vorbereitet. Dort lernen sie auch die DirektorInnen der jeweiligen High Schools kennen. "Die TeilnehmerInnen können aus verschiedenen Schulen auswählen, die DirektorInnen bewerten dann, ob die zukünftigen LehrerInnen an ihre Schule passen", erklärt Farthofer.

Tatjana Hoffmann unterrichtet mittlerweile ihr zweites Jahr eine Sonderschulklasse an einer Junior High School. Wie lange die österreichischen LehrerInnen in New York unterrichten, bleibt ihnen selbst überlassen. "Bei ihrem ersten Antritt erhalten sie J1-Visum mit drei Jahren Gültigkeit, danach können sie um ein dreijähriges H1-Arbeitsvisum ansuchen, das wiederum um drei Jahre verlängert werden kann", erklärt Farthofer den Prozess. Wurden beide Visa in Anspruch genommen, kann man sich für die Green Card, die unbegrenzte Arbeitserlaubnis, bewerben. "Die LehrerInnen erhalten dabei volle Unterstützung vom Department of Education, weil es das gute Lehrpersonal nicht verlieren will. Wir wollen aber, dass die LehrerInnen wieder zurückkommen, und in Österreichs Schulen Englisch unterrichten", sagt die Programmleiterin über den Zwiespalt des Programms.

Spätes Erwachen in der High School

Die jährliche Bezahlung von 43.000 bis 60.000 US-Dollar entspricht laut Farthofer dem in den USA üblichen LehrerInnengehalt. Bei Abzügen von rund 25 Prozent liegen die Einstiegsgehälter demnach bei knapp 3.000 Dollar. "Also trotz Umrechnungskurs noch höher als hierzulande", meint die Programmleiterin, die ebenfalls als Lehrerin tätig ist. Das Niveau der österreichischen LehrerInnen hält sie für höher als das der US-amerikanischen LehrerInnen: "Ein Bachelor-Degree entspricht in etwa unserem Maturaniveau. Auffallend ist auch die geringe Motivation der SchülerInnen in den USA. Sie erkennen erst gegen Ende der High School, wie wichtig Bildung eigentlich ist."

"Die Kinder hier haben schon viel durchgemacht, sie kommen meist aus armen Verhältnissen", berichtet die Sonderschullehrerin Hoffmann von ihrem Alltag, "dennoch macht mir die Arbeit mit den SchülerInnen großen Spaß." Auch wenn die Meinungen der TeilnehmerInnen des Austauschprogramms über das New Yorker Schulsystem auseinandergehen, sind sie sich laut Farthofer in einer Sache einig: "Bisher war es für alle eine Erfahrung, die sie nicht missen wollen." (Elisabeth Oberndorfer/derStandard.at, 1. März 2007)