Sarajevo/Wien - Aus Protest gegen das Urteil des Internationalen Gerichtshofes (IGH), wonach Serbien keinen Völkermord in Bosnien-Herzegowina begangen hat, wird an der Universität in Sarajevo am kommenden Freitag vorübergehend kein Unterricht abgehalten werden. Die Unterbrechung der Lehrveranstaltungen an allen Fakultäten in der Hauptstadt sei als Zeichen des Mitgefühls mit den Opfern aller in Bosnien-Herzegowina verübten Genozide zu verstehen, hieß es laut Medienberichten.

"Wir sind konsterniert"

"Wir sind konsterniert über das Urteil, das im Gegensatz zu den rechtlichen und universalen moralischen Grundsätzen steht", hieß es aus Universitätskreisen. Der Rektor der größten Universität Bosnien-Herzegowinas, Faruk Caklovica, erklärte, man müsse die "geistige Gesundheit" des Richters in Frage stellen, der Serbien von der Verantwortung des Genozids befreit habe. Es bestehe aber auch kein Zweifel, dass es auf dem gesamten Gebiet Bosnien-Herzegowinas ethnische Säuberungen gegeben habe, sagte der Rektor.

Das IGH hatte am Montag in Den Haag geurteilt, dass das 1995 von bosnischen Serben verübte Massaker an rund 8.000 Bosniaken (Muslimen) in Srebrenica den Tatbestand des Völkermords erfülle, dass Serbien dafür aber nicht direkt verantwortlich gemacht werden könne. In dem Urteil wird Belgrad zudem zur vollen Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien aufgefordert. Das höchste UNO-Rechtsprechungsorgan äußerte sich erstmals zu der Frage, ob ein Land einen Völkermord begangen hat.(APA)