Zur Person
Alexander Kober ist Facharzt für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Wiener AKH. Er ist zusätzlich am Institut für Interventionelle Schmerzdiagnostik und Schmerztherapie im Rudolfinerhaus in Wien tätig.

Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen in der konservativen, medikamentösen und interventionelle Schmerztherapie, mit dem Fokus Epiduroskopie.

Foto: Kober
derStandard.at: Schmerzpflaster wirken transdermal, also über die Haut, so wie wir das von Nikotinpflaster kennen. Wie werden diese in der Schmerztherapie angewendet?

Kober: Prinzipiell gibt es zwei Arten: Entzündungshemmende lokale Schmerzpflaster, die so ähnlich wie eine Salbe, wie zum Beispiel Voltaren, wirken.

Die häufiger verwendete Pflasterart sind aber die Morphin Pflaster. Da gibt es unterschiedliche Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen, die in die Haut eingesaugt und langsam im Verlauf über drei bis vier Tage in den Körper abgegeben werden.

Es entsteht also eine Wirkung wie bei einer Dauerinfusion von wenigen Mikrogramm pro Stunde.

derStandard.at: Welche Vorteile hat diese Applikationsform gegenüber Tabletten?

Kober: Das stärkste Argument ist der Patientenkomfort. Man muss kein Medikament einnehmen sondern nur alle drei bis vier Tage ein Pflaster kleben. Besonders wenn die Patienten schon alt und vergesslich sind.

Medizinisch gesehen achten die meisten nicht so genau auf die Einnahmezeiten ihrer Medikamente. Dadurch ist immer etwas mehr und etwas weniger Wirkstoff im Blut. Bei der Pflastereinnahme sind die Wirkspiegel die ganze Zeit über konstant. Dadurch ist es gerade bei chronischen Schmerzen eine sehr gute Therapieform.

derStandard.at: Aber gerade bei Pflastern wird auf eine nicht so genau regulierbare Wirkstoffabgabe, zum Beispiel durch den verzögerten Wirkstoffeintritt, hingewiesen.

Kober: Absolut. Aber das ist eine grundsätzliche Überlegung. Habe ich eine Akut–Schmerztherapie durchzuführen oder handelt es sich um einen chronischen Schmerz. Bei Akut-Schmerz brauche ich sofort Hilfe - also eine Infusion, womit ein Wirkstoff akut in den Menschen hineingebracht wird.

Der chronisch geriatrische Schmerzpatient hat immer Schmerzen - also heute, morgen oder vorgestern. Hier gilt es diese jeden Tag ein bisschen zu reduzieren. Das ist ein ganz anderer Therapieauftrag. Und dazu eignen sich so ganz langsam wirksame Therapiesätze. Der Nachteil der langsamen Anflutung ist da ein Vorteil, nämlich dass es langsam anflutet, lange drinnen bleibt und den Patienten jahrelang begleitet.

derStandard.at: Wie lange bleibt der Wirkstoff nach dem Ablösen noch im Körper?

Kober: Da der Wirkstoff in die Haut eingesaugt wird, bleibt dieser nach Ablösen des Pflasters noch ungefähr zehn bis zwölf Stunden weiter aktiv.

derStandard.at: Welche Morphine werden eingesetzt?

Es gibt zwei Morphine, die den Markt dominieren. Das etwas ältere ist das Fentanyl. Und dann gibt es noch das modernere Buprenorphinplaster, das für ältere Menschen besser geeignet ist.

derStandard.at: Bei welchen Indikationen werden Schmerzpflaster angewendet?

Kober: Die Einsatzgebiete sind klar. Das sind Tumorpatienten, die mit den alten Fentanylpflastern behandelt werden, weil diese so stark sind. Dann werden Schmerzpflaster bei Schmerzen des Bewegungsapparates, allen voran Wirbelsäule, Athrose und Osteoporose eingesetzt.
Danach kommt lange nichts und dann die Pflegepatienten im stationären Bereich.

derStandard.at: Bei den lokalen Schmerzpflastern gibt es neuerdings auch rezeptfreie Wärme - oder Kräuterpflaster am Markt. Wie wirken diese Produkte?

Kober: Das sind keine wirklichen Renner. Das ist eine sehr schwach wirksame Therapieform und hilft meiner Meinung nach nichts. Das bringt höchstens den Firmen etwas. (Die Fragen stellte Andrea Niemann, derStandard.at, 28.2.2007)