Solange Airbus eine europäische Erfolgsgeschichte war, deckten die stetig steigenden Auftragszahlen die strukturellen Mängel auf Eigentümerebene gut zu. Doch nun, da 10.000 Mitarbeiter beim Flugzeugkonzern und seinen Zulieferern ihre Jobs verlieren und Werke gesperrt oder verkauft werden müssen, zeigt sich, wie sehr das Unternehmen im Interessengeflecht von Gewerkschaften, Produktionsstandorten, Staaten und Bundesländern eingesperrt ist.

Da streiten deutsche Arbeitnehmervertreter mit französischen Politikern, spanische Gewerkschafter mit britischen Interessenvertretungen und Hamburg mit Toulouse. Dass bei den erzielten Kompromissen oftmals das Wohl des Gesamtkonzerns hinter den regionalen Überlegungen zurückbleibt, liegt auf der Hand. Wenn sich sogar der – populistischen Tönen sonst nicht abgeneigte – französische Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy zu einem Aufruf durchringt, es gehe nicht um die Interessen Deutschlands, Frankreichs oder Spaniens, sondern um die von Airbus, kann man sich vorstellen, wie hinter den Kulissen gefeilscht wird. Dass sich Berlin, Madrid und Paris dazu entschließen, Airbus aus dem staatlichen Käfig zu entlassen und ihre Aktien beispielsweise über die Börse zu verkaufen, steht aber offensichtlich nicht zur Diskussion. Ganz im Gegenteil ziehen sich die Großaktionäre Lagardére und DaimlerChrysler teilweise zurück, und in Deutschland wird ernsthaft überlegt, ob nicht Bundesländer und Städte die Anteile aufkaufen könnten – auch, weil kein Investor in ein Unternehmen einsteigen mag, in dem drei Staaten das Sagen haben.

So sinnvoll die Gründung von Airbus 1971 als Staatskonsortium war, so bremsend wirken die Strukturen jetzt. Airbus ist seit Langem flügge und sollte seine Freiheit bekommen. (Michael Moravec, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 01.03.2007)