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Völlig vom Verfall bedroht: Sturm Kyrill hatte im Jänner den Währinger Jüdischen Friedhof zusätzlich beschädigt

F.: APA/Artinger
Wien – Saurer Regen, Frost, der Wildwuchs der Pflanzen und nicht zuletzt auch noch der Sturm Kyrill haben dem – neben jenem von St. Marx – letzten existierenden Biedermeier-Friedhof derart zugesetzt, dass man nicht mehr lange zuwarten brauche, bis der Forschungsgegenstand der Historikerin Tina Walzer Geschichte ist. Seit Jahren arbeitet sie den historischen Hintergrund des Währinger Jüdischen Friedhofs auf. Und schaut dabei dem Juwel beim rasanten Verfall zu.

14 Millionen Euro

Der könnte nun doch gestoppt werden. Die Gemeinde Wien hat nach langem Hin und Her die Initiative ergriffen: Am Freitag haben SPÖ, Grüne und ÖVP einen Antrag im Gemeinderat eingebracht, der den Friedhof retten soll. Bisher hatte die Stadt immer darauf verwiesen, dass nicht die Gemeinde, sondern der Bund für die Sanierung – kolportiert wird eine Summe von zehn bis 14 Millionen Euro – laut dem Washingtoner Abkommen aus dem Jahre 2001 zuständig ist.

Nun sollen zumindest einmal die "ärgsten Schäden und Gefahren", wie es im Antrag heißt, seitens der Stadt wieder beseitigt werden. Um eine langfristige Erhaltung der Anlage zu sichern, soll jedoch mit dem Bund verhandelt werden. "Die ganzen Sanierungskosten kann die Stadt nicht alleine tragen", sagt einer der Antragsteller, der SP-Gemeinderat Harald Troch. Auch im Bund ist etwas Bewegung in die Sache gekommen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer will eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Bund, Ländern und Gemeinden einsetzen, die an einer gesamtösterreichischen Lösung arbeiten sollen. Mehr war am Freitag nicht zu erfahren, Prammer ist bis nächste Woche auf Auslandsreise und nicht erreichbar, im Nationalfonds bestätigte man vorerst lediglich diesen Plan bezüglich der Jüdischen Friedhöfe.

Tina Walzers Hoffnungen liegen jedenfalls ganz auf Prammer. Die Soforthilfe der Gemeinde sieht sie eher skeptisch: "Das nützt ja nichts. So erhalten heißt, dass Trümmer herumliegen. Es braucht eine nachhaltige Pflege." Bis September dieses Jahres will sie die "Inventarisierung" der bis zu 8000_Grabstellen abgeschlossen haben. Wie viele davon dann noch erhalten sind, ist schon seit Langem nur mehr eine Frage der Zeit. Immerhin: Wenn das Stadtgartenamt ausgerückt ist, spart sich Walzer vielleicht eine unfreiwillige Freitzeitbeschäftigung: mit der Gartenschere Grabsteine freilegen. (pm, DER STANDARD print, 3./4.3.2007)