Istanbul - In der Türkei sollen alle Provinzen weibliche islamische Geistliche erhalten. Die Entsendung weiblicher Vize-Muftis, die es seit 2005 gibt, sei weltweit einzigartig, sagte der Chef der staatlichen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, der englischsprachigen Zeitung "Today's Zaman" vom Dienstag. Damit sollten die Frauenrechte gestärkt werden. Das Interview wurde aus Anlass des Internationalen Frauentages am 8. März geführt.

Schon jetzt sei das türkische Religionsamt - verwaltungsrechtlich eine Direktion im Präsidium des Ministerrates - die staatliche Organisation mit dem höchsten Frauenanteil, so Bardakoglu. Von den (vom Staat eingesetzten) Imamen der Moscheen abgesehen, seien mehr als 40 Prozent der MitarbeiterInnen Frauen. Bei Neueinstellungen würden Frauen bevorzugt, sagte Bardakoglu. Der Chef des Religionsamtes gilt als Reformer und setzt sich unter anderem für die Bekämpfung der so genannten Ehrenverbrechen ein.

Islam achte Frauenrechte

Bardakoglu verwahrte sich gegen den Eindruck, dass der Islam frauenfeindlich sei. Der Islam sehe Mann und Frau als gleichberechtigt an, sagte er. Frauenrechte hätten für den Islam zentrale Bedeutung. Leider sei dies aber immer noch nicht verwirklicht. Die Männer in der Türkei forderte er insbesondere auf, ihren Töchtern das Recht auf Bildung nicht zu verweigern. Mehrere hunderttausend Mädchen in der Türkei werden von ihren Eltern nicht zur Schule geschickt.

Die Einsetzung von weiblichen Vize-Muftis ist unter türkischen Religionsgelehrten umstritten. Unter anderem die Frage, ob Frauen auch Fatwas (religiöse Rechtsgutachten) erlassen dürften, wurde sehr kontrovers diskutiert. (APA/AFP)