IT-Business
"Flurbereinigung" auf dem österreichischen Provider-Markt
Die Angst geht um ...
Die Angst geht um. Seit einem halben Jahr ist T-Online, die Internettochter der
Deutschen Telekom (DT) und mit mehr als vier Millionen Abonnenten Europas größter
Internetanbieter, in Österreich präsent und wirbt intensiv um Onlinekundschaft. Trotz
millionenschweren Marketingbudgets wollte sich der Erfolg bis dato aber nicht so recht
einstellen, also setzt die max.mobil-Schwester nun zur Offensive an.
Mit ihrer prall gefüllten Kriegskasse will T-Online kaufen, was nicht freiwillig ins
deutsche Netz geht. Jüngstes Objekt der Begierde: Netway, der Onlineableger des
Raiffeisensektors, eine der letzten Österreich-Bastionen im Netz, was die technische
Infrastruktur betrifft.
Mehr als attraktiv
Die Tochter des grünen Riesen, um die T-Online und die Telekom Austria (TA) buhlen,
ist in dreierlei Hinsicht mehr als attraktiv. Erstens zählt sie mit rund 80.000 zahlenden
Abonnenten zu den großen Playern in Österreich. Zweitens vermehrt sich die
Kundenzahl unter dem Giebelkreuz beinahe täglich, seit Netway über die örtlichen
Raiffeisen den Gratis-Internet-Zugang vertreibt. Und drittens bastelt Netway emsig an
der Erweiterung seines Dienstleistungsangebots, das alle Zielgruppen - von
Großkonzernen bis zu den Pensionisten - ansprechen soll. Ein eigenes
Redaktionsbüro soll neue Content-Angebote für den Special-Interest-Markt entwickeln.
Heiß begehrt ist die Netway AG nicht zuletzt wegen ihrer Businesskunden, zu denen
neben ihren Eigentümern (Raiffeisenbanken, Uniqa-Versicherung etc., Anm.) auch
Siemens Österreich, Creditanstalt und die Mediaprint-Gruppe (Kurier, profil, Trend etc.)
zählen. Laut einer Erhebung von Arthur D. Little und Wirtschaftskammer belegt Netway
bei den Industrieunternehmen mit einem Marktanteil von knapp elf Prozent den dritten
Platz.
Mehrheitlich in österreichischer Hand ist auch A-Online, das Netzportal der TA, über
das rund 200.000 Surfer auf den Highway fahren. Auf Grund der laufenden
Umstrukturierung gehört A-Online künftig allein der TA und ihrem
Minderheitseigentümer Telecom Italia, denn der ORF ist aus Highway 194, der
Betreibergesellschaft von A-Online, ausgestiegen. Neue Kunden bringt vor allem das
Breitbandinternet ADSL. In diesem Segment matcht sich die TA mit Chello von
Telekabel, das wiederum der US-Niederländischen UPC gehört.
Vorbeigeschrammt
Knapp den Fängen der Deutschen Telekom entkommen ist hingegen KPNQwest, die
Muttergesellschaft der EUnet und mit mehr als 180.000 Kunden die Nummer 2 am
heimischen Provider-Markt. Anders als A-Online und Netway bedient KPNQwest
ausschließlich den Business-Bereich, ein Content-Angebot mit Gewinnspielen und
Pin-up-Girls findet sich auf der Homepage nicht. Dafür aber eine Kundenliste, die sich
wie das Who's who der heimischen Wirtschaft liest: Allianz, Henkel, Touropa, Wiener
Städtische - um nur einige zu nennen.
44,4 Prozent
Wäre die Übernahme des US-Telekomriesen Qwest und dessen Fusionspartner US
West durch die DT nicht am Widerstand der US-Aufsichtsbehörde FCC gescheitert,
hätte Österreich bereits einen dominanten Netzriesen. Denn zum Reich der DT
gehören max.mobil und T-Online. Zum anderen hält Qwest 44,4 Prozent an der
niederländischen EUnet-Mutter KPNQwest. Diese wiederum ist ein
Gemeinschaftsunternehmen der niederländischen KPN und der US-amerikanischen
Qwest.
Fest in der Hand eines Telekom-Players ist des weiteren Nextra, besser bekannt als
Magnet, wie der Publikumsmagnet bis vor der Übernahme durch die norwegische
Telenor im Februar hieß. Mit 30.000 Kunden (überwiegend Privatkunden, Klein- und
Mittelbetriebe, Anm.) vergleichsweise winzig, verlegte sich Nextra sogleich auf das
lukrativere Geschäftskundensegment und schluckte die Spardat-Tochter Telecom.at,
die viele Großbanken unter Vertrag hat.
Gratis-Internet boomt
Den großen Rest Cyberösterreichs teilen sich zahlreiche größere und kleinere Internet
Service Provider, die seit rund einem Jahr die geballte Ladung der Telekomkonzerne zu
spüren bekommen. Das Tückische daran: UTA, tele:ring, tele2 & Co bieten
Gratisinternet an, also ohne monatliche Grundgebühren. Was sich ursprünglich als
Loyalitätsprogramm für die Telefonkundschaft anließ, ist mittlerweile nicht mehr
wegzudenken aus der Internetlandschaft. Festnetz, Internet und Handy wachsen
technisch zusammen, warum also nicht auch im Business?
Hier sind die Weichen weitgehend auf globale Allianzen gestellt: UTA wird von
Swisscom dominiert, tele:ring gehört zu Mannesmann/Vodafone und bei Connect
Austria (One) hat die deutsche Viag mit British Telecom im Schlepptau das Sagen. (ille/ung)