Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) hält sich auch nach der jüngsten Zinserhöhung weitere Schritte offen. "Entschlossenes und rechtzeitiges Handeln bleibt weiterhin geboten, um mittelfristig Preisstabilität zu sichern", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagte am Donnerstag in Frankfurt. Die EZB werde alle Entwicklungen "sehr genau beobachten". Mit ähnlichen Formulierungen hatte Trichet die Finanzmärkte in der Vergangenheit auf weiter steigende Zinsen eingestimmt.

Zuvor hatte der EZB-Rat den Leitzins in der Euro-Zone von 3,5 auf 3,75 Prozent nach oben geschraubt. Das ist das höchste Niveau seit September 2001. Damit hat die EZB die Kreditvergabe an die Banken seit Dezember 2005 um insgesamt 1,75 Prozentpunkte verteuert. Alle 80 von Reuters befragten Experten hatten mit diesem Schritt gerechnet. Die Geldpolitik stimuliere die Wirtschaftswachstum auch weiterhin, sagte Trichet. Das Zinsniveau sei noch immer moderat.

Weiterer Zinsschritt

An den Finanzmärkten wird bis Juni mit einem weiteren Zinsschritt auf 4 Prozent gerechnet, mit dem die Währungshüter frühzeitig Inflationsrisiken begegnen wollen. Zwar liegt die Teuerungsrate in der Euro-Zone seit einem halben Jahr im gewünschten Zielbereich von knapp unter zwei Prozent. Anziehende Ölpreise, kräftige Lohnsteigerungen und die robuste Konjunktur könnten mittelfristig jedoch wieder für stärkeren Preisdruck sorgen, fürchten die Zentralbanker.

Für 2008 hoben die EZB-Volkswirte deshalb ihre Inflationsprognose leicht an und rechnen jetzt mit einer durchschnittlichen Teuerung von zwei Prozent. Für das laufende Jahr hingegen senkte die EZB ihre Schätzung auf von 2,0 auf 1,8 Prozent. Auch das Wirtschaftswachstum wird demnach 2008 mit 2,4 Prozent etwas stärker zulegen als bisher erwartet. Für dieses Jahr werden 2,5 Prozent prognostiziert.

Einhellige Kritik der Sozialpartner

Die Erhöhung stößt auf Kritik bei den österreichischen Sozialpartnern. Angesichts geringer Inflationsraten gebe es "keinen Anlass, den europäischen Leitzinssatz schon wieder zu erhöhen", erklärte WKÖ-Präsident Christoph Leitl heute bereits im Vorfeld der allgemein erwarteten EZB-Zinsanhebung. Die Preisstabilität sei gesichert. Die EZB sei bei den Inflationsaussichten zu pessimistisch und bei den Konjunkturaussichten zu optimistisch. "Konjunkturhemmende Maßnahmen sind klar zu vermeiden und durch vertrauensbildende zu ersetzen", betont Leitl. Die bereits siebente Leitzinserhöhung würde Europas Unternehmen und Arbeitsmarkt "ungebührlich belasten". Die Währungshüter sollten sich viel mehr auf die Evaluierung ihrer geldpolitischen Gesamtstrategie konzentrieren, fordert Leitl.

Auch für die Arbeiterkammer (AK) wird die EZB-Zinspolitik immer mehr zum Konjunkturrisiko. Mit dem Zinsschritt "gefährdet die Zentralbank Konjunktur und Erholung des Arbeitsmarktes, die beide noch auf wackeligen Beinen stehen", meint AK-Direktor Werner Muhm. Arbeitnehmer würden durch höhere Kreditzinsen belastet, und es wird damit nicht zur Senkung der Arbeitslosigkeit beigetragen." Mit dem gestiegenen Eurowechselkurs zum Dollar würden die Inflationsprognosen angesichts billigerer Importe weiter sinken.

Für den Gewerkschaftsbund (ÖGB) ist die Leitzinserhöhung ein "falsches Signal für Wachstum und Beschäftigung". Sie treffe die Falschen und würge die gerade anspringende Konjunktur ab. "Es wäre wichtiger gewesen, dass die EZB ihren Beitrag leistet, damit die endlich anspringende Konjunktur in eine dauerhafte übergeleitet wird", teilte der Leitende ÖGB-Sekretär Richard Leutner mit. Von der Lohnpolitik gehe keine Inflationsgefahr aus, vielmehr orientierten sich die Gewerkschaften an der Produktivität, kontert Leutner einen EBZ-Vorwurf. (APA)

(APA/Reuters)