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Foto: Archiv
China, Indien? Das war gestern und obendrein für den heimischen Telekomkonzern eine verpasste Chance. Die neuen Wachstumsmärkte sind der Mittlere Osten und Afrika, und hier will die Telekom Austria (TA) als "Wholeseller", also als Großhändler, von Satellitenverbindungen weiter Fuß fassen.

Angebot

"Im Iran, Irak und dem Libanon gehören wir schon zu den fünf größten Anbietern von Satellitendiensten", sagt Joe Trimmel, Leiter des Wholesale-Bereichs bei der TA anlässlich der TV- und Telekom-Messe Capsat in Dubai. "Jetzt wollen wir nach Afrika."

Schlaf

Die Anzeichen mehren sich, dass Afrika aus seinem wirtschaftlichen Dornröschenschlaf erwacht. Vor allem Kommunikationstechnologien bieten der Entwicklung vieler Länder des Kontinents neue Chancen und werden damit auch zunehmend für die Anbieter von Interesse. Seit dem Jahr 2000 wuchs die Internet-Wachstumsrate über 600 Prozent - auch wenn der 900 Millionen Einwohner zählende Kontinent mit einer dreiprozentigen "Penetration" (Verbreitung) von Internet technologisch weiterhin ein sehr dunkler Fleck auf der Landkarte ist.

Aufteilng

Aber betrachtet man die Karte nach einzelnen Ländern, sieht das Bild bereits wesentlich besser aus: In Marokko sind es 15 Prozent der Bevölkerung, die Internet regelmäßig nutzen, in Südafrika zehn Prozent (was 15 Prozent der Afrikanischen Internet-user ausmacht), in Tunesien neun, im Bürgerkriegsland Sudan immerhin acht Prozent.

Strafzettel aus Ghana

Die Spuren der globalen Vernetzung zeigen sich inzwischen bereits in alltäglichen Abläufen: Wer in New York falsch parkt, bekommt sein Ticket aus Ghana, wo das Onlineprocessing stattfindet. Nicht zuletzt zeugen auch die nervenden, manchmal Schaden anrichtenden "Nigeria-Spams" ("Ich bin die Witwe des in einem Putsch beseitigten Staatslenkers und brauche Ihre Hilfe, um 20 Millionen Dollar außer Landes zu schaffen") von relativ hoch entwickelter Internetnutzung in Lagos, bloß dass die dortigen User noch wenig Gelegenheiten haben, ihr Know-how auf legale Weise zu vermarkten (die bösartigsten Viren kamen früher aus Bulgarien, wo es viele sehr begabte Programmierer, aber keine Beschäftigung gab).

Aufbruch

Mit frühzeitigem Engagement will die Telekom Austria die Zeichen des Aufbruchs nutzen. Dazu hat sich die TA beim Satellitenbetreiber Loral Skynet bereits Kapazität an dem derzeit im Bau befindlichen Satelliten "Telestar 11N" gesichert; bis zu 16 von insgesamt 32 "Transponder" (Übertragungskanäle) des Ende 2008 fertig gestellten Satelliten, der in 36.000 Kilometer Höhe über Afrika den Kontinent versorgen wird, hat sich die TA vertraglich gesichert.

Ausbau

Zur Einspeisung bzw. Übernahme dieses Datenverkehrs in Europa wird die Erdfunkstelle der TA im steirischen Aflenz um eine Satellitenschüssel mit 16 Meter Durchmesser erweitert. Rund 50 Schüsseln von 16 bis 30 Meter Durchmesser sorgen in diesem hochgelegenen und von terrestrischen Störungen weit gehend freiem Standort für die Anbindung von Satelliten an den "Jetstream", das europäische Glasfasernetz der TA.

Fokus Großabnehmer

Über Satellit bietet die TA das gesamte Spektrum an Kommunikationsdienstleistungen an: Sprachtelefonie, Daten, "IP-Connectivity" (der Zugang zur Internetwolke) und TV- und Rundfunkübertragungen. Verkauft wird an Großabnehmer: Telekom-Unternehmen, die internationale Verbindungen brauchen, Internetprovider oder Unternehmen, die einen Standort mit eigenen Satellitenleitungen in ihren Konzern einbinden.

Wholesale

Über das erhoffte Geschäft, das sich frühestens 2008 in den Umsätzen abbilden wird, hält sich die TA bedeckt. Insgesamt, sagt Trimmel, war "Wholesale" mit 550 Mio. Euro im Vorjahr der zweitgrößte Geschäftsbereich des Festnetzbetreibers (der Privatkundenbereich sorgte für rund eine Mrd. Euro, "Business Solutions" für 500 Mio.).

Leitungen

Verdient wird damit sowohl am nationalen Markt, wo man fast die gesamte Telekommunikations-Branche in erster Linie mit Datenleitungen versorgt, sowie am internationalen Markt mit Vermittlung von Sprachtelefonie, Daten, Unternehmensnetzen und Satellitenverbindungen. Letzteres sei eine "sehr profitable Nische" mit einem zweistelligen Millionenumsatz, erklärt Trimmel. (Helmut Spudich / DER STANDARD Printausgabe, 09.03.2007)