Innsbruck - Eine umfangreiche Studie über das Münz- und Geldwesen im mittelalterlichen Tirol ist am Freitagabend in der Burg Hasegg in Hall bei Innsbruck vorgestellt worden. Die Studie identifizierte unter anderem bisher unbekannte Münzprägestätten im mittelalterlichen Land am Inn.

"Münzgeschichte des alttirolischen Raumes im Mittelalter" ist der Titel des Werkes. Das Buch stellt den zweiten und abschließenden Band einer umfassenden Studie des Bozner Historikers Helmut Rizzolli über das mittelalterliche Geldwesen in Nord- und Südtirol und im Trentino dar. Laut Auskunft des Autors geht sein Werk deutlich über eine reine Münzkunde hinaus. "Es ist nicht nur eine Beschreibung, sondern auch eine Wirtschaftsgeschichte dieses Raumes im Mittelalter. Denn Münzgeschichte ist zugleich immer auch Wirtschaftsgeschichte", erklärte er.

Auf mehr als 600 Seiten gibt der Historiker einen Überblick über alle aus Tirol stammenden Prägungen, die Münzstätten und ihre Geschichte sowie die ökonomischen Hintergründe des mittelalterlichen Geldwesens der Region. Dazu hat der Autor zahlreiche noch unveröffentlichte schriftliche Quellen ausgewertet und tausende Münzen - häufig aus archäologischen Funden - gesichtet und bestimmt. Zahlreiche Stücke werden in Rizzollis "Münzgeschichte" zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben.

Schwerpunkt Spätmittelalter

Der Schwerpunkt des Werkes liegt auf dem Spätmittelalter, es endet 1477 mit der Übersiedelung der Landesfürstlichen Prägestätte vom südtirolischen Meran nach Hall in Nordtirol. Ein umfangreicher Exkurs beschäftigt sich jedoch mit dem Frühmittelalter, da hier seit Erscheinen von Band 1 mehrere spektakuläre Neufunde eine Nachbearbeitung nötig machten. Zu nennen ist hier vor allem der Schatzfund von 96 langobardischen Goldmünzen in Aldrans bei Innsbruck. Eine Anzahl dieser Münzen aus dem 6. Jahrhundert konnte der Experte mit einer der Forschung bisher unbekannten Prägestätte bei Trient in Verbindung bringen. "Der Hortfund enthielt zahlreiche neue Typen. Ein Teil davon sind so genannte Imitationsprägungen, mit denen die lokale langobardischen Machthaber die Goldmünzen der byzantinischen Kaiser nachgeahmt haben", berichtete der Autor.

Begehrte Münzen

Während also im frühen Mittelalter in Tirol noch Münzen nach fremden Vorbildern geschlagen wurden, war es im Spätmittelalter umgekehrt: Im 14. und 15. Jahrhundert, der Epoche, der sich Rizzollis Buch vor allem widmet, waren Tiroler Münzen in ganz Europa begehrt und wurden häufig von fremden Münzstätten nachgeprägt: "Wir haben aus der damaligen Zeit Münzen mit dem Tiroler Adler und anderen Tiroler Motiven, die in der Schweiz, in Württemberg oder in Oberitalien entstanden sind. Das sind aber keine Fälschungen sondern so genannte 'Beischläge', die ebenfalls gültige Zahlungsmittel waren."

Dass sich die fremden Prägestätten an den Tiroler Vorbildern orientierten, hat laut Rizzolli mit dem besondern Ruf zu tun, den diese in ganz Europa genossen: "Die von den Habsburgern in Meran geschlagenen Münzen galten als besonders vertrauenswürdig. Ihr Silbergehalt lag mitunter sogar über dem Nominalwert." In der Zeit der Hochblüte des Tiroler Silberbergbaues konnte man sich das offenbar leisten.

Neben den Münzen der Habsburger erforschte Rizzolli auch noch jene der Grafen von Görz, die bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1500 in Teilen Tirols ebenfalls Herrschaftsrechte ausübten. Hier konnte der Historiker eine bisher unbekannte Prägestätte identifizieren, was von der Fachwelt als kleine Sensation betrachtet wird: Nach fast kriminalistischen Nachforschungen und Kombinationen gelang der Nachweis, dass die Görzer Grafen im 15. Jahrhundert nicht nur im Osttiroler Lienz, sondern zeitweise auch im Südtiroler Toblach Münzen prägen ließen. (APA)