Wien - In einer "Nachricht an die Regierungen von Deutschland und Österreich" hat der islamistische Websender "Stimme des Kalifat Kanal" unter Terrordrohungen einen Truppenabzug aus Afghanistan gefordert. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Sicherheitsexperten sehen jedoch "keine akuten Hinweise für Bedrohungen auf Österreich".

Vier Bundesheeroffiziere im Raum Kabul

Derzeit sind vier Bundesheeroffiziere für die Afghanistan-Friedenstruppe ISAF im Raum Kabul im Einsatz, für sie wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft.

In dem Videoclip, der etwa je zur Hälfte Deutschland und Österreich gewidmet ist, verliest ein maskierter Sprecher einen arabischen Text. Im Österreich-Teil werden Bilder von Bundesheersoldaten, Skifahrern, Touristenhotels, die österreichische Fahne sowie ein Bild der derzeitigen Regierungsmannschaft eingeblendet. Der Text wird mit zum Teil fehlerhaften deutschen Untertiteln übersetzt.

"Zu Österreich sagen wir: Eure Soldaten in Afghanistan sind für unsere Brüder, die Mujahidin, keine wirkliche Bedrohung", heißt es in der Botschaft. "Wir laden die neue sozialdemokratische Regierung (...) ein, ihre Soldaten von Afghanistan abzuziehen und damit aufzuhören, Bush in seinem Krieg gegen die Muslime zu unterstützen. Denn Österreich hat keinen wirklichen Nutzen dabei. Zerstört nicht die Sicherheit eines ganzen Landes wegen fünf Soldaten, die ihr nach Afghanistan geschickt habt."

Sonntag vormittag kamen der Generalsekretär im Außenministerium, Johannes Kyrle, Generalstabschef Roland Ertl und der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, sowie einige ihrer Mitarbeiter zusammen, um über die Internetbotschaft zu diskutieren.

Man sei dabei zu dem Schluss gekommen, dass es nicht sinnvoll sei, unmittelbare Maßnahmen zu ergreifen, sagte Innenministeriumssprecher Rudolf Gollia zur APA. Er könne nur die Worte von Bundeskanzler Gusenbauer unterstreichen, der in der "Pressestunde" erklärt hatte, es gebe "keine akuten Hinweise für Bedrohungen". Buxbaum sagte in der ZiB um 13.00 Uhr, es habe sich um die erste Drohung gegen Österreich in Zusammenhang mit einem Auslandseinsatz gehandelt.

FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache warnte davor, die islamistischen Terrordrohungen gegen Österreich auf die leichte Schulter zu nehmen. Der radikale Islamismus sei auch hier zu Lande mittlerweile ein ernstzunehmendes Problem. Gusenbauer versuche die Situation schönzureden.

Islamische Glaubensgemeinschaft verurteilt Drohungen

Die Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich, Carla Amina Baghajati, verurteilte die in der Videobotschaft geäußerten Drohungen gegenüber Österreich scharf. Ein solches Verhalten sei schädlich, sie habe "Sorge, dass dies auf die Muslime in Österreich abfärben" könne, erklärte Baghajati am Sonntag gegenüber der APA auf Anfrage. "Politik kann man nicht mit Terror machen."

Im deutschen Außenministerium wertete ein Krisenstabmit neben den Drohungen gegen die beiden im Irak entführten Deutschen auch die neue Video-Warnung an Deutschland und Österreich aus. Derzeit sind knapp 3000 deutsche Soldaten als Teil der NATO-Friedenstruppe ISAF vor allem im relativ ruhigen Norden Afghanistans im Einsatz,

Der Web-Sender "Stimme des Kalifats" trat nach deutschen Medienberichten erstmals 2005 in Erscheinung. Die Macher des Senders verkündeten auf ihrer Webseite den Zusammenschluss "zum ersten deutschen Jihad-Kanal im Internet". Dutzende Links führen zu Terror-Sequenzen oder übersetzten Hetz-Ansprachen der Nummer zwei in der Al-Kaida-Hierarchie, Ayman al-Zawahiri. Der Betreiber des Internetauftritts, die "Globale Islamische Medienfront" (GIMF), firmiert seit Jahren als Propaganda-Magazin der Mujaheddin.

Einige Experten vermuten, dass es sich eher um Trittbrettfahrer als um Terroristen handelt, die lediglich versuchen, mit lautstarken Erklärungen und Drohungen Angst und Schrecken zu verbreiten. Demgegenüber warnten laut der britischen Zeitung "The Observer" Sicherheitsexperten mehrerer Länder, dass das Terrornetzwerk Al-Kaida nicht zuletzt über das Internet tausende junge Muslime ganz unterschiedlicher Herkunft in aller Welt in den vergangenen fünf Jahren mobilisiert habe. Die Radikalisierung erfolge jetzt schneller als früher. (APA)