Es ist eine Zeit der Ungewissheit für abgenippelte Helden der guten alten Haiderzeit. Neun Wochen nach seinem Rücktritt aus der Politik spricht KHG über seine Zukunft, zu Conny Bischofberger im "Kurier" nämlich, ohne auf einer Doppelseite darüber mehr sagen zu können, als er schon vor neun Wochen verbreitet hat: Die Angebote reichen von der Industrie bis zu verschiedenen Finanzunternehmen. Das Wichtigste für mich ist: Die Herausforderung muss passen, es muss eine klassische Win-win-Situation sein.

Darunter kommt nichts in Frage, und das dauert natürlich seine Zeit, aber nur nicht hudeln. Höchstens noch sechs Wochen. Innerhalb dieser Zeit möchte ich den Vertrag unterschreiben und dann im Juni, Juli zu arbeiten beginnen. Dabei wird es finanziell langsam knapp, soll er doch bis zum Eintritt der Win-Win-Situation mit der misslichen Situation fertig werden, von monatlich 15.810 Euro Gehaltsfortzahlung leben zu müssen, wozu er ganz ehrlich sagt: Ich hab' mein Gehalt in der Politik mehr als halbiert. Ich bekomme keine Ministerpension, ich bekomme gar nichts. Ich nehme nur ein Recht in Anspruch, das im Gesetz genau so vorgesehen ist.

Dass ein Mann von seinem Alter und seinen Verdiensten keine Ministerpension bekommt, muss als schreiende Ungerechtigkeit betrachtet werden. Darüber hinaus aber sich auch noch mit dem Gar nichts von 15.810 Euro monatlich durchfretten zu müssen - und das ist schon mehr als halbiert! -, wird allen, die demnächst aus dem Vollen der Mindestsicherung schöpfen können, Tränen des Mitleids in die Augen treiben.

Und dann auch noch die grauen Mäuse! Graue Mäuse machen mich fertig! muss er sich über eine Umgebung beklagen, die ständig danach trachtet, seine in "Vanity Fair" gepflegte Intimsphäre zu verletzen. Aber im "Kurier" schlägt er zurück. Ich lese auch keine einzige österreichische Zeitung mehr. Höchstens die "Financial Times". Das ist mein großer, neuer Luxus. Ich schau nicht einmal mehr "Zeit im Bild".

Das ist ungerecht vor allem gegenüber der "Kronen Zeitung", deren Leser ihn noch immer nicht vergessen können, und die ihn unverdrossen gegen die grauen Mäuse in Schutz nehmen. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Ausdauer versucht wird, Herrn K.-H. Grasser immer wieder etwas ans Zeug zu flicken, wunderte sich erst am Wochenende einer, ohne dafür die Chance zu erhalten, von Grasser gelesen zu werden. Aber der ist nach eigener Einschätzung eben einer, der polarisiert - nur so ist zu erklären, weshalb ihn seine Parteifreunde von einst in der "Neuen Freien Zeitung" gerade noch als Sunnyboy am Rande der Legalität zu würdigen bereit sind. Zum Glück hat der "Kurier" in seinem großen Neun Wochen nach seinem Rücktritt-Interview ein solches für graue Mäuse typisches Verhalten vermieden.

Ungewiss auch, was nun aus Haiders ausgesetztem Dobermann werden soll. Kein Platz für Ewald Stadler?, fragt "Zur Zeit", wo man die Antwort eigentlich wissen müsste, um gleich eine nächste Frage nachzuschieben: Wie weit reicht die Bandbreite der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft? Pech war auch dabei. Beim Verfassen dieses Beitrages wußte man noch nicht, ob Ewald Stadler tatsächlich am Bundesparteivorstand vom 8. März 2007 aus der Freiheitlichen Partei Österreichs ausgeschlossen werden würde oder nicht. Man kannte nur die Gerüchte, man kannte die kurze mediale Auseinandersetzung über die "Info"-Illustrierte "News" und die APA, sowie diverse Gazetten vom ersten Märztag und Stadlers Diagnose, wonach sein Ausschluß bereits feststünde und nur noch die Gründe dafür gesucht würden. Dementsprechend ist diese Erörterung hypothetisch und vielleicht müßig, da es zu einem solchen Ausschluß möglicherweise doch nicht kommt.

Das Müßige dieser Erörterung ergab sich aus einer nebenstehenden letzten Meldung Stadler aus FPÖ ausgetreten, ohne dass das Hypothetische darunter zu leiden hatte, wurde doch betont: Nebenstehende Analyse, die vor dem Bekanntwerden dieses Austritts geschrieben wurde, bleibt in ihrer grundsätzlichen Betrachtungsweise nichtsdestotrotz gültig.

Und das deshalb, weil darin die Frage Kein Platz für Ewald Stadler? mit einem klaren Jein beantwortet wurde. Mit dem Eindruck, die Debatte um die Stracheschen Jugendphotos sei mehr oder minder von Stadler ausgelöst worden, stünde ein Vorgang im Raume, wonach ein freiheitlicher Spitzenmann den anderen mittels Faschismuskeule zu bekämpfen versucht haben könnte. Ein Vorgang, von dem Strache zu Recht meint, er könne so innerhalb der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft nicht akzeptiert werden.

Wo kämen wir hin, wenn sogar schon Freiheitliche einander mit der Faschismuskeule bekämpfen? Die könnten ja glatt in den Verdacht des Gutmenschentums kommen. Damit ist die Antwort auf die Frage, ob derlei Platz innerhalb der FPÖ haben kann, beantwortet. Freilich nicht ganz. Was aber längst noch nicht heißt, daß ein solches Verhalten die damnatio in eternam des Betreffenden bedeuten muß.

Die zweite Frage, wieweit nämlich Persönlichkeiten vom Zuschnitt Ewald Stadlers innerhalb der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft Platz haben können, ist theoretisch einfach mit einem klaren Ja zu beantworten - warum auch nicht? - bei näherer Betrachtung allerdings wesentlich schwieriger. Wenn jetzt nur keiner mit der Antifaschismuskeule zurückschlägt! (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe,13.3.2007)