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Otto Rehagel und der EURO-Koordinator der Bundesregierung Heinz Palme.

Foto: APA/Pfarrhofer
Wien - Da sitzt der berühmte Trainer Otto Rehhagel im auch nicht gerade unbekannten Hotel Sacher und genießt das Leben. Auf der Fahrt vom Flughafen ins Zentrum hat er, der 68-jährige Deutsche, ein Wienerlied gesummt. Weil ihm danach war und weil Ehefrau Beate keine Gegenargumente hatte. "Ihr wisst ja gar nicht, wie schön eure Stadt ist."

Bei Rehhagel klingt das weder schleimig noch anbiedernd. Wird man mit der griechischen Fußballnationalmannschaft Europameister 2004 in Portugal, ist man über Verdächtigungen erhaben. Und er warnte vor sich selbst. "Fußballlehrer neigen dazu, viel zu reden und wenig zu sagen. Da sind sie wie Politiker."

Rehhagel ist auf Einladung der Organisation "Österreich am Ball" in Wien. Am Montagabend stand ein Termin in der Hofburg an, es galt die EURO 2008 zu promoten. Rehhagel mimte den "Botschafter der Leidenschaft", und er mimte ihn äußerst glaubhaft.

Der Mann ist quasi ein sprechender Fußball. Er erzählt schöne Geschichten, scheißt nicht klug, betont, "dass ich die Wahrheit sicher nicht gepachtet habe. Ich tue immer nur das, was ich für richtig halte. Die Richtlinienkompetenz bleibt bei mir, die darf mir im Job niemand nehmen."

Die Strategie

Ob das im Weltfußball eher zu vernachlässigende Österreich es dem auch nicht zu den Giganten zählenden Griechenland nachmachen kann, weiß Rehhagel natürlich nicht. "Man muss sich eine Strategie einfallen lassen, darf nicht in Schubladen denken. Mein Freund Josef Hickersberger wird seinen Weg gehen. Die Spieler brauchen jemand, der sie überzeugt." Wer einst gegen Cassius Clay boxte, musste eine gute Idee haben. "Zu sagen, ich bin boxerisch besser, ist Schwachsinn."

Die Griechen und Rehhagel hatten Ideen. "Die anderen durften nicht merken, wie gut geordnet und diszipliniert wir waren. Das ist ihnen bis zum Schluss entgangen, auch nach dem Finale dachten einige, dass wir krasser Außenseiter sind." Tipps für Österreich? "Organisiert die EURO perfekt, schaut, dass sich die Leute wohl fühlen. Die Mannschaft hat ja nur zu gewinnen. Bei Anpfiff ist alles vergessen. Sie muss fit sein, zusammenhalten. Jeder Fußballer hat nur zwei Beine und zwei Augen. Und die sitzen nicht hinten am Kopf." Rehhagel würde folgendes Ziel vorgeben: "Jeder muss sich nach diesem historischen Ereignis in den Spiegel schauen. Er darf sich nicht mit dem Autogramm seines Gegenspielers zufrieden geben."

Die Griechen haben gute Chancen, sich zu qualifizieren. Er, Rehhagel, werde flexibel sein, "ohne meine Werte zu verlieren". Er halte sich für kein Überbleibsel aus vergangenen, vielleicht besseren Zeiten. "Warum soll Respekt ein alter Wert sein? Natürlich habe ich mit der modernen Sprache Schwierigkeiten, Wenn einer behauptet, das war ein geiles Tor, antworte ich: Junger Mann, geil hat für mich eine andere Bedeutung."

Der Dank

Rehhagel meinte noch, dass Andreas Ivanschitz durchaus begabt sei, dass Andreas Herzog, mit dem er in Bremen schöne Zeiten erlebte, "das Zeug zum Trainer hat". Und dass er, Rehhagel, nicht deutscher Teamchef wurde, "weil ich das Griechenland nicht antun konnte. Ich war zu Dank verpflichtet. Weil sie mir Emotionen schenkten."

Der beste Fußball werde leider dort gespielt, "wo es das meiste Geld gibt. Ich bedaure das, kann und will es aber nicht ändern. Dazu fehlt die Zeit. Wir alle sind ja nur auf Besuch auf dieser Welt." Der liebe Gott schicke Menschen auf die Erde. "Da kann es passieren, dass zur gleichen Zeit Beckenbauer und Müller bei den Bayern sind." Darüber könne man stundenlang philosophieren. "Jetzt freue ich mich auf ein Stück Torte." (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 13. März 2007)