Berlin/Wien - Terroranschläge können auch in Deutschland passieren, aber die Bundesrepublik lasse sich nicht erpressen. So reagiert die deutsche Regierung auf die am Wochenende veröffentlichte Videodrohung gegen Berlin und Wien, in der der Abzug von deutschen und österreichischen Soldaten aus Afghanistan gefordert wurde.

"Wir sind Teil eines weltweiten Gefahrenraums", stellte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erneut klar. Zwar sei Deutschland bislang von Anschlägen verschont geblieben, aber niemand dürfe sich der Illusion hingeben "als wären wir nicht genau so bedroht wie die Spanier, die Engländer oder andere auch".

Berlin und Wien werten in einer gemeinsamen Task Force das Video aus. Zwar nimmt die deutsche Regierung die Drohung "sehr ernst", dennoch gehen die Behörden nicht von einer erhöhten Gefährdungslage aus.

Bundeswehr bleibt

Schäuble und andere Koalitionspolitiker betonen auch, dass Berlin sich auf keinen Fall erpressen lasse. Weder werde man die Ausbildung von Polizisten in Afghanistan abbrechen, noch den Einsatz der Bundeswehr. Diese, so Schäuble, leiste ihren Dienst, um Afghanistan zu stabilisieren. Der Bundestag hat erst in der Vorwoche beschlossen, auf Bitte der Nato sechs Tornados nach Afghanistan zu schicken. Diese sind ab Mitte April startbereit. Dass Deutschland möglicherweise noch zehn Jahre lang in Afghanistan engagiert sein wird, machte SPD-Fraktionschef und Ex-Verteidigungsminister Peter Struck klar: "Man muss in Afghanistan in langen Linien denken."

"Man darf nicht einknicken"

In Österreich sorgt die Aufforderung der "Stimme des Kalifats" (veröffentlicht auf der Internetseite der "Globalen Islamischen Medien Front"), auch die vier rotweißroten Bundesheeroffiziere aus Kabul abzuziehen, für geteilte Reaktionen. Innenminister Günther Platter (VP) sprach sich für den Verbleib der Soldaten aus. "Man darf nicht einknicken" erklärte Platter am Montag. Dennoch sei "erhöhte Wachsamkeit" angesagt. Außenministerin Ursula Plassnik (VP) lehnte vorerst eine Stellungnahme ab. Grüne und FPÖ sind für eine sofortige Heimholung der Offiziere.

Was das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT) stutzig macht, ist der starke Bezug zur österreichischen Innenpolitik in der Drohbotschaft. Wie der Standard berichtete, heißt es darin, "dass die SPÖ seine (sic) Sicherheitsversprechen beweisen muss". Und: "Das Geld, das ihr für Bush und seine Leute ausgibt (sic), könnt ihr für die Studenten verwenden, denen ihr euer Versprechen gebrochen habt."

Adresse: Parkhaus L.A. Laut "Who is"-Information im Internet wurde die Seite der Globalen Islamischen Medien Front (GIMF) im April 2006 von einem User Namens Aaron Wilson in Los Angeles registriert. Die Kontakt-E-Mail des Domain-Inhabers läuft aber unter einem anderen Namen und stammt aus dem anonymen Yahoo-Gratisservice. Die ebenfalls angegebene Telefonnummer existiert zwar, am anderen Ende hob bei mehreren Standard-Versuchen am Montag niemand ab. Gibt man die Postadresse bei der weltweiten Satelliten-Recherche von Google Earth ein, landet man auf einem Parkhaus in unmittelbarer Nähe des Van Nuys Airportes in Los Angeles. (bau, simo/DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2007)