Am Veto der ROK scheiterte bisher ein Papstbesuch in Russland. Beobachter vermuten, dass Putin vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit doch noch als Initiator eines interreligiösen Dialoges in die Geschichte eingehen will. Die ROK wirft den Katholiken Proselytismus, Abwerbung orthodoxer Gläubiger, vor. Rom hat dies stets dementiert. Die russische Angst ist ob der nur rund 600.000 Katholiken im Land ohnehin eher irrational. Trotz verfassungsmäßiger Gleichheit aller Religionen sieht die ROK Russland als ihr kanonisches Territorium.
Extremistische Gefahr
Die Differenzen eskalierten Anfang 2002, als Rom seine provisorischen Administraturen in Russland in den Status von Diözesen erhob. In den Folgemonaten wurden Priester und ein Bischof zu "personae non gratae" erklärt, die katholische Kirche plötzlich gar als extremistische Gefahr für Russlands Sicherheit genannt.
Die Zeichen stehen auf Abwehr pluralistischer Einflüsse. Und hier weiß sich die ROK eins mit den Militärs und einem beträchtlichen Teil im politischen Establishment. Hat sie die sowjetische Nähe zum KGB nie aufgearbeitet, so hat sie unter Putin wieder ein besonderes Naheverhältnis zum Staat entwickelt.
Dazu passen Umfragen, denen zufolge sich weitaus mehr Bürger zur Orthodoxie bekennen als an Gott glauben, geschweige denn aktive Gläubige (drei bis fünf Prozent) wären. Ein Etappensieg in ihrem Vormarsch gelang der ROK in diesem Schuljahr, als in vier Regionen der verpflichtende Unterricht der "Grundlagen der orthodoxen Kultur" eingeführt wurde.
Politisch passt sich die orthodoxe Kirche der jeweiligen Konjunktur an. Als gesellschaftliches Korrektiv versteht sie sich nicht.