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Nach dem Erfolg bei der Erbschaftssteuer präsentiert Vizekanzler Molterer den Budgetabschluss 2006.

Foto: Reuters/Leonhard Foeger
Wien – Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer (VP) sowie Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter (SP) lüften heute, Donnerstag, das bisher streng gehütete Geheimnis über den Budgetvollzug 2006 und präsentieren damit das Erbe von Karl-Heinz Grasser. Die zentrale Aussage lautet: Aufgrund des sehr guten Wirtschaftswachstums von real 3,2 Prozent konnten im Wahljahr 2006 die Mehrausgaben im Milliardenhöhe auf der Einnahmenseite deutlich überkompensiert werden. Das gesamtstaatliche Defizit Österreichs sinkt damit auf ungefähr ein Prozent.

Der exakte Wert wird zwar erst feststehen, wenn Ende März auch die Länder und Gemeinden fertig abgerechnet sein werden. Doch ein politisch gerne gezogener Vergleich ist bereits möglich: Bei Grassers Amtsantritt im Jahr 2000 lag das Budgetdefizit noch bei 1,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Der Ex-Finanzminister hinterlässt also in Summe ein um ein Drittel niedrigeres Defizit.

Defizit: 1,05 versus 3,55 Prozent

Freilich wurde das nahezu gebetsmühlenartig wiederholte Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes über den Konjunkturzyklus auch in der Amtszeit Grassers klar verfehlt. Die neue Bundesregierung hat erst für das Jahr 2010 einen Budgetüberschuss eingeplant. In der siebenjährigen Amtszeit von KHG betrug das durchschnittliche Budgetdefizit rund 1,05 Prozent. In den sieben Jahren davor (1993 bis 1999) lag das durchschnittliche Budgetdefizit bei mehr dreimal so hohen 3,55 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Das zeigen die offiziellen Daten der Statistik Austria.

Für das vergangene Jahr zeigt sich, dass die Einnahmen vor allem aufgrund der sprudelnden Einnahmen um rund 5,7 Milliarden Euro über dem Budgetvoranschlag lagen. Die unerwartet stark gestiegenen Steuern machen dabei mit ihrem Anstieg um – bereits berichtete – 2,1 Milliarden Euro den Löwenanteil aus. Aber auch andere Faktoren schlugen sich auf der Einnahmenseite positiv zu Buche: etwa die steigende Beschäftigung, die Geld in der Arbeitslosenversicherung beließ, eine um 100 Millionen Euro höhere Dividende der Nationalbank sowie Liegenschaftsverkäufe.

Dieser Entwicklung standen aber auch kräftig gestiegene Ausgaben gegenüber. Allein 200 Millionen Euro flossen in ein Arbeitsmarktsonderprogramm, mit dem im Vorjahr 60.000 Arbeitslose zusätzlich in Schulungen geschickt wurden. Oder: Weil die Lohnrunde mit den Bediensteten des öffentlichen Dienst noch nicht abgeschlossen und daher budgetiert war, erhöhte sich in der Endabrechnung über das Vorjahr der Personalaufwand um mehr als 500 Millionen Euro.

In Summe macht die Differenz zwischen Voranschlag und Budgetvollzug auf der Ausgabenseite rund 4,3 Milliarden Euro aus.

Kritik an der späten Vorlage der Budgetzahlen kommt von der Opposition. Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann ärgert, dass schon in Kürze das Budget 2007/2008 debattiert werden wird und im Parlament "noch nicht einmal der Rechnungsabschluss 2005 behandelt wurde". Rossmann: "Das ist lachhaft und schreit dringend nach der versprochenen Haushaltsrechtsreform." (Michael Bachner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.03.2007)