Wien – Der Duft von Räucherstäbchen beißt sich in der Nase fest. Bunte Plastikblumen säumen den Eingang der Sewa-Filiale. Die Kunden arbeiten sich dicht gedrängt an Regalen voller Kerzen und Buddha-Statuen vorbei zu billigem Hausrat, Kosmetik und Süßigkeiten. In einer Ecke stapelt sich esoterische Literatur, und im Hintergrund tönt sanfte Musik.

Sewa zieht mit Diskontware aus Asien ein Netz an kleinen Filialen auf. Die Kette zählt in Österreich mittlerweile 13 Aktionsmärkte, der jüngste eröffnete 2006 in Linz. Mitbewerber rutschten zugleich reihenweise in den Konkurs. „Das ist kein Geschäft für Glücksritter. Es braucht gute Konzepte und finanzielle Polster“, sagt Frank Perlick, Chef der Madal Bal AG, die hinter Sewa steht. Und er räumt im Gespräch mit dem Standard offen ein, dass das Unternehmen ideologisch eng mit dem Inder Sri Chinmoy verbunden ist. Den Vorwurf, dass die neohinduistische Bewegung die Züge einer Sekte hat, weist Perlick zurück. Er beruft sich auf gerichtliche Urteile und die Doktorarbeit eines Pfarrers. "Ich nehme diese Vorurteile nicht ernst." Zu spirituellen Gruppen gebe es halt verschiedene Meinungen.

Brigitte Holmes vom Referat für Weltanschauungsfragen in der Erzdiözese Wien hat dazu eine eindeutige: Es gehe bei Chinmoy wie bei vielen anderen Guru-Bewegungen um den Personenkult. "Kommt es einmal so weit, dass man anderen die Führung des eigenen Lebens überlässt, kann es riskant werden." German Müller, Leiter der Bundesstelle für Sektenfragen, vermutet, dass es in Österreich nur einige hundert, dafür äußerst aktive Anhänger gibt. Sie seien dem Guru direkt verpflichtet und straff organisiert. Zu den wichtigen Regeln zähle tägliches Meditieren vor seinem Foto und sexuelle Enthaltsamkeit. Kinder zu kriegen sei verpönt, lieber werden Dauerläufe zelebriert. Anhänger schreiben Chinmoy zudem unvorstellbare Fähigkeiten zu.

Der Guru trat etwa mit dem Stemmen von Flugzeugen und Elefanten medienwirksam in die Öffentlichkeit. Er schuf nach eigenen Angaben 13 Millionen Zeichnungen und verfasste 1400 Bücher wie Lyrikbände. Und er wirbt gerne mit einem Foto von sich und Papst Johannes Paul II. In Österreich betreiben seine Anhänger mehrere Meditationszentren, organisieren groß angelegte Sport- und Musikveranstaltungen. Vor zwei Jahren wurden Graz und Wien über Monate nahezu flächendeckend mit Plakaten des Gurus eingedeckt. Nicht alle der Gratisveranstaltungen geben klare Hinweise auf den Chinmoy-Kult, sagt Holmes.

Geflecht an Firmen

Hinter der Guru-Bewegung arbeitet laut deutschem Bundesverband der Sekten- und Psychomarktbetreuung ein undurchsichtiges Geflecht an Firmen. Ihr finanzielles Rückgrat sei Sewa. Anhänger betreiben in Europa auch Restaurants, Musik- und Lebensmittelläden. Der Inhaber der Madal Bal AG ist der Schweizer Andreas Beyer. Und dieser sei ein „persönlicher Schützling“ von Sri Chinmoy, sagt Perlick.

Der Betrieb hat 2004/05 laut Firmenbuch 9,6 Mio. Euro umgesetzt und beschäftigt rund 100 Mitarbeiter; nicht alle seien Teil der spirituellen Gruppe, versichert Perlick. Über Wien werden Tochterfirmen im Osten geführt, expandiert wird ohne Eile. "Wir suchen Standorte in guten Lagen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.03.2007)