Wien - Selbst die Stehplätze waren rar, als das Jüdische Museum in Wien Dienstagabend ein "Salut für Jakov Lind" veranstaltete, das eigentlich als Jubelfeier anlässlich des ihm verliehenen Theodor-Kramer-Preises geplant war, nun als Gedenkfeier für den stets heimat- und identitätslosen jüdischen Autor, der am 16. Februar diesen Jahres, nur wenige Tage nach seinem 80. Geburtstag, verstorben ist, gestaltet wurde.

Knapp dreihundert Gäste drängten sich im Festsaal des Museums bis hinter dem Podium, unter ihnen zahlreiche Freunde Linds und seine angereisten Familienangehörigen.

Andrea Eckert las an diesem Abend aus Linds Prosa, ausgewählte Absätze aus seiner autobiografischen Trilogie, Kirsten Dene und Peter Turrini trugen nach einem Programm der Autorin und Übersetzerin Silke Hassler Stücke aus seinem dramatischen Werk vor.

1927 in Wien geboren, wurde Lind nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich nach Holland geschickt, wechselte Identität und Namen und erlebte das Kriegsende mit gefälschten Papieren als Kurier des deutschen Reichsluftfahrt-Ministeriums in Hamburg. "Wie jeder gute Nazi hasste ich die Juden. Wenn ich dieses Unglück überleben will, muss ich lernen, so zu fühlen wie die übrige Welt." Also übte er einen harten, eiskalten Blick vor dem Spiegel - so, dass sich "sogar die Nazis" vor ihm fürchteten. "Die dachten, ich wäre der Obernazi." Nach dem Krieg ging er nach Israel, reiste durch Europa, später in die USA, lebte schließlich in London und begann, Englisch zu schreiben.

Der ebenfalls aus Wien vor den Nationalsozialisten geflohene Autor und Filmemacher Georg Stefan Troller, der den Lind posthum verliehenen Theodor-Kramer-Preis 2007 an dessen Tochter Oona Napier-Lind überreichte, wies dann auch auf diesen Verlust der "Ausgestoßenen - denn wir waren keine Auswande- rer -" für einen Schriftsteller hin: den der eigenen Sprache, in der man sich heimisch fühlt (von nun an spricht er "Emigranto"). "Man verliert eine Kultur und Sprache, ohne je eine andere zu gewinnen."

Bis 15. April ist eine Ausstellung mit Porträts und Exponaten aus dem bildnerischen Werk Jakov Linds aus seinem Nachlass zu sehen. (Isabella Hager / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.3.2007)