Während Bakterien im Darm grundsätzlich unschädlich sind und sogar zur Nahrungs-Verwertung beitragen, können sie Krankheiten auslösen, falls sie in die Darmwand eindringen. Diese ist deshalb durch eine dünne Schicht aus Epithelzellen bedeckt, die als Barriere wirkt und die Darmwand somit vor Bakterien schützt.
Tierversuch
Für ihre Studie züchteten die Wissenschaftler Mäuse, deren Epithelzellen im Darm ein spezielles Protein fehlte. Dieses Protein spielt bei der Aktivierung des Signalmoleküls NF-Kappa-B eine wichtige Rolle, welches Zellen beim Umgang mit Stress hilft. Die Folge: Die Mäuse entwickelten eine schwere chronisch entzündliche Darmerkrankung, die der Darmentzündung beim Menschen ähnlich ist. "Bei Untersuchungen haben wir festgestellt, dass das Darmepithel der Mäuse beschädigt war", sagt Neurath. "In der Forschung wurde bereits seit längerem vermutet, dass die Epithelzellen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Unsere Studie liefert erstmals Ergebnisse, die diese Vermutung bestätigen."
Teufelskreislauf
"NF-Kappa-B ist ein Überlebenssignal für Zellen", sagt Manolis Pasparakis von der ebenfalls am Projekt beteiligten Universität Köln. "Ohne dieses Molekül sterben Darm-Epithelzellen viel eher." Durch das Absterben der Zellen entstanden Lücken in der dünnen Schicht, welche die Darmwand schützen soll. "Durch diese Lücken konnten die Bakterien in die Darmwand eindringen", sagt Pasparakis. Diese provozierten eine Antwort des Darm-Immunsystems, welches Botenstoffe produzierte. Diese verursachten die Symptome der Entzündung.
"Der Kontakt des Immunsystems mit den Darmbakterien ist der Auslöser für einen Teufelskreis", sagt Neurath. "Denn die Entzündungssignale gelangen zu den Epithelzellen, die durch das Fehlen von NF-Kappa-B sehr empfindlich darauf reagieren und sterben." Die Folgen sind noch größere Lücken in der Epithelschicht, so dass noch mehr Bakterien in die Darmwand eindringen können. "Das Resultat ist eine fortschreitende Immunreaktion, die zu einer chronischen Entzündung führt, wie wir sie von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kennen," so Neurath.
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