Wien - Polizeireform meets Strafprozessreform: am 1. Jänner 2008, wenn Staatsanwälte die Herrschaft über das strafrechtlichen Vorverfahren übernehmen, werden Recht und Ordnung in Österreich auf völlig neue Füße gestellt. Sowohl die bereits umgesetzte Polizeireform als auch die geplante StPO-Änderung wurden von den Machern als "Jahrhundertwerke" abgefeiert. Wolf Szymanski, langgedienter Sektionschef im Innenministerium, spricht lieber von zwei "Großbaustellen" und warnt im STANDARD-Gespräch vor "verfassungsrechtlichen Problemzonen."
Was den Spitzenjuristen, der auch als "Vater" des heimischen Sicherheitspolizeigesetzes gilt, am meisten stört, ist die künftige Aufteilung der Fachaufsicht zwischen Innenminister und Staatsanwalt
Letzterer ist nicht nur Herr der Ermittlungen sondern auch weisungsgebunden an das Justizministerium. "Bei Amtsdelikten beispielsweise kann also die Justizministerin dem Innenminister eine Weisung erteilen", erklärt Szymanski. Und genau das ist laut Verfassung nicht erlaubt, Mitglieder der Bundesregierung dürfen keiner Weisung unterworfen ein.
Deutsches Modell
Szymanskis Lösung ist gleichermaßen simpel wie spektakulär: die Staatsanwaltschaftspolizei. Er schlägt vor, Bundeskriminalamt, Verfassungsschutz und das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) gleich zur Staatsanwaltschaft zu übersiedeln. "Das würde klare Verhältnisse schaffen. In Deutschland funktioniert ein ähnliches Modell schon seit Jahrzehnten", so Szymanski.
In die aktuellen Reformen war der 62-jährige Sektionschef nicht eingebunden, 2002 war er der Entmachtungswelle des damaligen Innenministers Ernst Strasser (VP) zum Opfer gefallen. Anfang Mai tritt Szymanski in den Ruhestand - genau 20 Jahre nach Inkrafttreten "seines" ersten Polizeibefugnisgesetzes, das einen Meilenstein für die Arbeit der Exekutive markierte.
"Ein generelles Problem ist, dass Polizeireform und die Reform der Strafprozessordnung im Jahr 2004 völlig unkoordiniert beschlossen wurden", kritisiert Szymanski. Es sei verabsäumt worden, eine Kriminalpolizei nach den Erfordernissen des neuen Vorverfahrens zu schaffen. "Herausgekommen sind legislative Verrenkungen und 2004 ist als das Jahr der vergebenen Chance in die Rechtsgeschichte eingegangen", resümiert der Jurist.