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Ein Rettungsmitarbeiter nach der anstrengenden Bergungsaktion

Foto: AP/ANATOLY KUZYARIN
Die Hoffnungen der russischen Bergarbeiter-Familien blieben unerfüllt: Nach der schweren Grubengas-Explosion in Sibirien haben Rettungskräfte unter Tage die Leichen von mehr als 100 Bergleuten geborgen. Nach Angaben der Einsatzleitung gab es am Dienstag kaum noch Chancen, die wenigen noch vermissten Arbeiter lebend zu finden.

Das Unglück in der Mine Uljanowskaja, die zu den modernsten russischen Bergwerken zählt, war das schwerste seit dem Zerfall der Sowjetunion. Ausgerechnet am Tag der Tragödie war ein neues Warnsystem zum Schutz vor Gaseinbrüchen in Betrieb genommen worden.

Von den insgesamt 203 Bergleuten, die sich zum Zeitpunkt der Explosion unter Tage aufhielten, überlebten 93. Die genaue Zahl der geborgenen Toten variierte im Tagesverlauf zwischen 104 und 106. Von den weiterhin vermissten vier oder sechs Bergleuten fehlte jedes Lebenszeichen.

Entschädigungen

Den Hinterbliebenen wurden Entschädigungen von bis zu zwei Millionen Rubel (knapp 58.000 Euro) für jeden getöteten Bergmann versprochen. Das Grubenunglück bei der Stadt Nowokusnezk, 3.200 Kilometer östlich von Moskau, war die schwerste Bergbau-Katastrophe auf dem Gebiet Russlands seit mindestens 40 Jahren.

In dem erst 2002 in Betrieb genommenen Bergwerk hatte sich am Montag in knapp 300 Metern Tiefe eine gewaltige Methangas-Explosion ereignet. Die Sprengkraft war so hoch, dass selbst Arbeiter in 300 Metern Entfernung noch Gehirnerschütterungen und Knochenbrüche erlitten. Eine Untersuchungskommission nannte als mögliche Ursache Gesteinsverschiebungen oder Fehler beim Vorantreiben des Stollens. In der Region wurde eine dreitägige Trauer angeordnet.

Die neue, moderne Sicherheitsanlage zur Gasmessung stammt aus England. "Um 14.30 Uhr hat dieses System noch den plötzlichen Ausstoß einer großen Menge Methan angezeigt", sagte der Gouverneur des betroffenen Gebietes Kemerowo, Aman Tulejew. Durch die Explosion seien auch viele Mitglieder der Bergwerksleitung getötet worden, die sich zur Prüfung der neuen Technik unter Tage aufgehalten hatten. Unter den Toten war auch ein britischer Fachmann.

Putin richtete Untersuchungs-Ausschuss ein

In den vergangenen Tagen sind in Russland bei drei Grubenunglücken fast 200 Menschen ums Leben gekommen. Russlands Präsident Wladimir Putin hat deshalb eine Regierungskommission zur Untersuchung eingesetzt. Die hochrangige Untersuchung werde von Ministerpräsident Michail Fradkow geleitet, sagte Putin am Dienstag bei einer Schweigeminute der Armee zum Gedenken an die Opfer einer Flugzeugbruchlandung, eines Grubenunglücks und des Feuers in einem Altersheim.

Dem russischen Präsidenten war in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen worden, zu zögerlich auf Katastrophen reagiert zu haben. Die Nachrichten über die schreckliche Tragödie in dem sibirischen Bergwerk hätten die Herzen der Russen erneut mit Schmerzen gefüllt, erklärte Putin nun in einem Kondolenzschreiben an die Hinterbliebenen der über 100 Opfer. Die Tragödien warfen nicht zuletzt auch ein Schlaglicht auf die laxen Sicherheitsstandards und überforderten Rettungskräfte in Russland. (APA/dpa)