Washington/Berlin/Ramallah - Die außenpolitischen Bevollmächtigten des so genannten Nahost-Quartetts (USA, UNO, Russland, EU) haben am Montag über den Umgang mit der neuen palästinensischen Regierung der nationalen Einheit beraten. In einer Telefonkonferenz sei "eine Bestandsaufnahme der Situation" nach der Bildung der Einheitsregierung vorgenommen worden, teilte US-Außenamtssprecher Sean McCormack mit. Es herrscht derzeit Uneinigkeit in der Frage, ob der nach dem Hamas-Wahlsieg vor einem Jahr verhängte Boykott aufrecht bleiben soll, solange die Hamas als stärkste Regierungspartei das Existenzrecht Israels nicht explizit anerkennen will.

Russland hat die Bildung der Einheitsregierung als wichtigen Schritt zur Stabilisierung der Lage begrüßt. Nach Frankreich und Großbritannien wollte auch die deutsche Regierung den Kontakt zu Hamas-Ministern nicht ausschließen.

Abbas fordert Gleichstellung aller Regierungsmitglieder

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hat klarstellen lassen, dass alle Mitglieder der von ihm vereidigten Regierung Anspruch auf Gleichbehandlung durch die internationale Gemeinschaft hätten. "Alle Minister sind vom Präsidenten ernannt und führen seine Politik aus", erklärte Präsidentensprecher Nabil Abu Rudeina in Ramallah. Er verwahrte sich gegen die Ankündigung der USA, weiterhin nicht mit Kabinettsmitgliedern der Hamas verhandeln zu wollen. Die US-Regierung hatte im Einzelfall Kontakte zu Nicht-Hamas-Ministern in Aussicht gestellt. Dies sei "inakzeptabel", betonte der Sprecher des palästinensischen Präsidenten.

Der italienische Außenminister Massimo D'Alema hat den Westen davor gewarnt, sich der neuen palästinensischen Regierung zu verschließen, in welcher die radikale Hamas zu einer Partnerschaft mit moderateren Kräften gezwungen sei. Kurz vor seiner Abreise in die USA sagte D'Alema, die neue Regierung sei zwar nicht "genau das, was sich Europa gewünscht" hätte. Doch wäre es seiner Ansicht nach "ein Fehler, sich dieser Neuerung, die die palästinensische Einheitsregierung darstellt, zu verschließen". Man müsse die neue Regierung unter Premier Ismail Haniyeh dazu ermutigen, sofort alles Notwendige zu tun, um jede Form der Gewalt zu beenden. Der belgische Außenminister Karel de Gucht hat von Kairo aus zur Aufnahme israelisch-palästinensischer Direktgespräche aufgerufen. Diese müssten nach der Bildung der palästinensischen Einheitsregierung möglich sein, sagte er nach Gesprächen mit ägyptischen Regierungsmitgliedern.

Nordwegen beendet diplomatische Isolation

Norwegen, das nicht der Europäischen Union angehört, hat die diplomatische Isolation der palästinensischen Regierung durch den Westen durchbrochen. Nach einer Unterredung des norwegischen Vize-Außenministers Raymond Johansen mit Ministerpräsident Haniyeh und Außenminister Siad Abu Amr würdigte der palästinensische Regierungssprecher Ghazi Hamad in Gaza die "mutige Haltung" Norwegens, das einst den Oslo-Prozess ermöglicht hatte. Das Fundament für den Friedensprozesses im Nahen Osten war 1993 in elf geheimen Treffen zwischen Israelis und Palästinensern in der norwegischen Hauptstadt gelegt worden. Die palästinensische Regierung hoffe nun, dass Norwegen dazu beitragen könne, "das Embargo zu brechen", sagte Hamad.

Johansen sprach von "aufrichtigen Diskussionen", in deren Verlauf er die palästinensische Einheitsregierung aufgefordert habe, "hart daran arbeiten, die Erwartungen der Weltgemeinschaft zu erfüllen". Haniyeh müsse im Übrigen dafür sorgen, dass der im Sommer vorigen Jahres entführte israelische Soldat freigelassen werde und dass Palästinenser keine Raketen mehr auf israelisches Gebiet abfeuerten. Außenminister Siad Abu Amr erklärte: "Wir danken dem norwegischen Volk und der norwegischen Regierung für ihre Unterstützung für die Anliegen des palästinensischen Volkes". (APA/Reuters/dpa)