Doch andere Branchen, die darunter schon länger leiden, verlassen sich nicht auf das Ausland und sind andere Wege gegangen.

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Wien - Der aktuelle Facharbeitermangel dürfe nicht mit der Situation der Lehrlinge in einen Topf geworfen werden, mahnt Alfred Freundlinger von der Abteilung für Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer. Bei den Technikern mangele es ja an Absolventen von HTL und Fachschule genauso wie an Fachhochschulabsolventen. "Und den in der Hochkonjunktur aktuellen Bedarf kann man auch nicht mit einem Fingerschnippen in der Ausbildung lösen", sagt er. Der Versuch, in den neuen Mitgliedsländern der EU kurzfristig Facharbeiter für 50 Wochen in einem Job in Österreich anzuwerben, sei so gerechtfertigt. Für die Zukunft freilich müsse man "die Ausbildungsbemühungen verstärken".

Eine Branche hat in Österreich indessen den Nachwuchsmangel schon früher erkannt und Maßnahmen getroffen: das Bauhauptgewerbe. Hier wurden bereits in den 80er-Jahren so genannte Lehrbauhöfe eingerichtet. Diese machen die duale Ausbildung in den Betrieben und Berufsschulen zu einer trialen und vermitteln Inhalte, die "wegen der zunehmenden Spezialisierung" ansonsten vernachlässigt würden, sagt Thomas Prigl, Leiter des Lehrbauhofes Ost in Guntramsdorf (NÖ), im Gespräch mit dem Standard.

Finanziert wird das System durch eine Ausbildungsumlage - zwei Zehntel eines Facharbeiterstundenlohnes werden pro Arbeitnehmer und Woche in einen Bundestopf eingezahlt. Zusätzlich wurde 2003 eine brancheneigene Lehrlingsprämie geschaffen, die Ausbildungsumlage wurde hiefür verdoppelt. Einmal pro Jahr bekommen die Betriebe 1500 Euro pro Lehrvertrag ausbezahlt. Ergebnis: Binnen drei Jahren gab es um zehn Prozent mehr Lehrlinge. Insgesamt fiel die Zahl der Maurerlehrlinge seit den 90ern trotzdem um ein Viertel.

Gegen Trend zu Aushilfsausbildner

Der Facharbeitermangel führe mit sich, dass die Jugendlichen am Bau "heute sehr oft vom angelernten Bauarbeiter lernen", was das handwerkliche Niveau, von Generation zu Generation gepflegt, senke. Die aktuelle politische Lösung hält Prigl offenbar für kurzsichtig: "Die überregionale Verschiebung führt mittelfristig zu einem europäischen Fachkräftemangel." Das "mittlere Management" am Bau - Vorarbeiter, Poliere, die Meister in den Gewerbebetrieben - entwickle sich nur aus einer "qualitativen Basisausbildung".

Die Diskussion über den Kündigungsschutz von Lehrlingen, der wie berichtet auf Betrieben der Wirtschaftskammer gelockert werden soll, sieht Prigl als Nebenschauplatz. "Man bekommt auch heute jeden Lehrling nach Verfehlungen los." Am Bau ist man aber eher auf der Suche (vor allem in den Städten, etwas besser ist die Situation am Land). "Wir bekommen derzeit nicht die besten Lehrlinge", neue Imagekampagnen in Schulen und unter HTL-Abbrechern seien deswegen im Laufen. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.3.2007)