Teheran/Wien/New York/Johannesburg - Die Spannungen zwischen Teheran und Moskau im Streit über die iranische Atomanlage Busher spitzen sich zu. Das staatliche iranische Fernsehen warf Russland am Dienstag Unzuverlässigkeit und Doppelmoral vor. Verzögerungen beim Bau der Anlage seien nicht technisch bedingt, sondern politisch motiviert, hieß es. Russland hat nach Angaben europäischer und amerikanischer Diplomaten bereits einen Großteil seiner Experten aus der im Bau befindlichen, aber fast fertigen Anlage abgezogen.

Der Schritt deute auf wachsende Spannungen hin und könne auch zu deutlicheren Sanktionen der UNO führen, erklärten Diplomaten in Wien, wo die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA bzw. IAEO) ihren Sitz hat. Ein "guter Teil" der rund 2.000 Russen, die in Busher arbeiteten, hätten das Projekt verlassen, sagte ein US-Vertreter. Vorige Woche war es beiden Seiten nicht gelungen, einen Streit um die Finanzierung des Reaktors in Busher beizulegen. Ein Sprecher der russischen Atomenergiebehörde, Sergej Nowikow, bestätigte, dass russische Arbeiter abgezogen worden seien, weil der Iran mit Lohnzahlungen im Verzug sei.

"Irreversible" Schäden

Nach russischer Darstellung könnten die Verzögerungen bei der Fertigstellung zu "irreversiblen" Schäden an dem AKW führen. Russland hat auch die Lieferung von angereichertem Uran als Nuklearbrennstoff ausgesetzt, das diesen Monat geliefert werden sollte. Der Iran bestreitet, mit den Zahlungen in Rückstand zu sein und wirft Russland vor, sich dem Druck der USA gebeugt zu haben.

Ein europäischer Diplomat erklärte, die Russen hätten dem Iran unter der Hand gedroht, erst dann Brennstoff zu liefern, wenn Teheran sich der UNO-Resolution vom Dezember beuge. Moskau wies dies zurück. Es gebe keine Verbindung zwischen dem Bau von Bushehr und den UNO-Resolutionen, sagte der russische Botschafter bei er UNO in New York, Witali Tschurkin. Die russischen Gespräche mit der Islamischen Republik über die Lieferung der Brennstäbe habe mit den derzeitigen Verhandlungen im Weltsicherheitsrat über eine neue Entschließung mit verschärften Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Atomprogramm nichts tun: "Wir sind gegen die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen, aber es besteht keinerlei Verbindung mit dem Bushehr-Projekt und was wir hier in New York tun."

Unterdessen ist Teherans Außenminister Manouchehr Mottaki zu Gesprächen mit Südafrikas Präsident Thabo Mbeki in Kapstadt eingetroffen. Südafrika hat zur Zeit den Vorsitz im Weltsicherheitsrat. Es fordert tief greifende Änderungen an dem von den fünf Vetomächten und Deutschland ausgearbeiteten Entwurf für eine neue Iran-Resolution. Demnach sollen das in dem Entwurf vorgesehene Verbot für iranische Waffenexporte sowie finanzielle Sanktionen gegen die Revolutionsgarde und eine iranische Bank fallen gelassen werden. Zugleich unterstützte die südafrikanische Ratspräsidentschaft einen Vorstoß von IAEA-Generaldirektor Mohamed ElBaradei vom Jänner, wonach der Iran die Urananreicherung für 90 Tage aussetzen soll, während der Sicherheitsrat so lange auf die Umsetzung von Sanktionen verzichtet, damit Verhandlungen aufgenommen werden können.

Verabschiedung diese Woche

Dagegen drückte der amtierende amerikanische UNO-Botschafter Alejandro Daniel Wolff aufs Tempo: "Uns liegt daran, dass es noch diese Woche geschieht", sagte er zur Verabschiedung des Resolutionsentwurfes, an dem seit Wochen gearbeitet wird. Sein französischer Kollege Jean-Marc de La Sabliere sagte, die südafrikanischen Vorschläge stünden nicht im Einklang mit der Haltung der fünf Vetomächte und Deutschlands. Die Resolution würde damit abgeschwächt, stattdessen müsse aber Druck auf den Iran ausgeübt werden. Südafrika, wie der Iran Mitglied in der Bewegung blockfreier Staaten (Non-Aligned Movement/NAM), ist viertgrößter Uranproduzent der Welt. Das Land strebt selbst die kommerzielle Urananreicherung und einen Ausbau seiner Atomindustrie an.

Nachdem der Iran auch weiterhin nicht die Uranaussetzung aufgeben will, pochen vor allem die USA auf schärfere Strafmaßnahmen gegen das Land. Die beiden weiteren ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats China und Russland hatten für mehr Zurückhaltung plädiert, weil sich die gewählten Mitglieder von den Vetomächten übergangen fühlten und beide Länder enge Wirtschaftsbeziehungen zum Iran haben. Teheran betont, das Nuklearprogramm diene ausschließlich friedlichen Zwecken. Vor allem die USA befürchten aber, dass die islamische Republik heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitet.

Indonesien, Katar und Südafrika haben Änderungen am Resolutionsentwurf des UN-Sicherheitsrats zum iranischen Atomprogramm vorgeschlagen. Über die Anträge berieten die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats am Dienstag bei einem inoffiziellen Treffen in der britischen UN-Mission in New York. Aus Ratskreisen verlautete anschließend, die Vorschläge aus Indonesien und Katar seien praktikabel. Einzelheiten dazu wurden nicht bekannt.

Die Anträge aus Südafrika würden die Resolution deutlich abschwächen. Die fünf ständigen Ratsmitglieder und Deutschland hatten sich am Donnerstag vergangener Woche auf einen Resolutionsentwurf mit neuen Sanktionen geeinigt, weil der Iran sich weigert, die Anreicherung von Uran zu stoppen. Vorgesehen sind unter anderem ein Verbot von Waffenexporten und das Einfrieren weiterer Konten. (red/APA/AP/dpa)