Noch länger Wiener Filmförderchef? Peter Zawrel.

Foto: Fischer
Graz – Im zehnten Jahr ihres Gastrechts in Graz ist die Diagonale im Stadtbild unter dem Uhrturm präsenter ausgeflaggt denn je. Und sie inszeniert sich wie eine etwas exzentrische, sanft erregte Besucherin, die es mit sich, mit der Filmbranche, die sie präsentiert, der heimischen Politik und uns allen nicht immer ganz leicht gehabt hat.

Wer jedoch glaubt, das Jubiläum verleite nun zu besonders prononcierten politischen Statements, der irrt. An die große Krise mit Franz Morak, der das Festival fast zu Tode reformiert hätte, und daran, dass die Diagonale zeitweilig als Protestaktion überleben konnte, erinnern heute nur noch hilflos lachende Menschen in einem Festival-Trailer von Mara Mattuschka aus dem Jahr 2004. Und daran, dass sich vor gar nicht so langer Zeit der heimische Produzentenverband wegen Uneinigkeit in Sachen Förderungsprioritäten spaltete – daran erinnert vielleicht bestenfalls die Tatsache, dass zumindest in den ersten Tagen des Festivals vor Ort deutlich weniger Produzenten und prominente Filmemacher auszumachen sind.

Vielleicht. Es kann ja auch sein, dass die Diagonale vom Branchenfestival immer mehr zum Besucherfestival wird. Oder dass dem Gros der heimischen Produzenten das diesjährige Schwerpunktthema "Verwertung" – welche Formate wie für welchen Markt lancieren? – weniger interessant erscheint als das ewige (Klage-)Thema "Förderung" und/oder "Bitte mehr Geld!". Dann werden aber wahrscheinlich spätestens am Samstag mehr Interessenten im Space04 im Kunsthaus Graz zugegen sein, wenn Kunstministerin Claudia Schmied öffentlich Fragen beantwortet.

Oder doch schon heute, Donnerstag? Da antworten – ebenfalls unter dem Motto "Was wir uns wünschen?!" – die Film/Kultur-Verantwortlichen des ORF, angeführt von Programmintendant Wolfgang Lorenz.

Wenig bis gar nichts beantwortet derzeit, weil in Graz (noch?) nicht zugegen, der Wiener SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Dabei lautet eine der dieser Tage in den Grazer Kino- und Hotelfoyers am inständigsten diskutierten Fragen: Was wird eigentlich aus dem Filmfonds Wien, dem größten Förderungsgeber des Landes? Dessen Leiter, Peter Zawrel, ist mittlerweile acht Jahre im Amt; im Oktober dieses Jahres läuft sein Vertrag aus; für eine dritte und letzte Verlängerung um weitere vier Jahre bedürfte es einer Zweidrittelmehrheit im Kuratorium des FFW.

Zawrel, der sich zuletzt ähnlich wie der Leiter des Österreichischen Filminstituts, Roland Teichmann, verstärkt für jüngere Produzenten (Coop 99, Geyrhalter, Amour Fou, etc.) eingesetzt hat, ist, wie Teichmann, unter den älteren Platzhirschen (Dor Film, Allegro), die mehr Geld und ein verstärktes Bekenntnis zum Unterhaltungskino fordern, durchaus umstritten. Egal, ob er nun bleibt oder ob er durch jemanden mit einem anderen Kurs ersetzt wird: Diese Entscheidung wird die Dynamiken der heimischen Film- und TV-Produktion wesentlich mitprägen. Im Wiener Kulturamt hat man auf diese delikate Situation bis dato nicht mit ersichtlichen Maßnahmen reagiert. Zawrel selbst quittiert dies, wenn man ihn dazu befragt, mit leicht resignativ-ironischem Achselzucken.

Jedenfalls: Die Zeit läuft. Und die Diagonale, erregbar, verbindlich, einfallsreich und dann auch wieder beliebig wie das heimische Filmschaffen selbst – sie will keinen Zweifel daran lassen, dass sie den Anforderungen dieser Zeit, die immer schneller durch immer mehr Abspielkanäle und Vertriebsnetze rast, weiterhin gerecht werden wird. Intendantin Birgit Flos spricht im Katalog von einem "internationalen Festival des österreichischen Films": Ein denkwürdiges, schiefes und insofern durchaus repräsentatives (Sprach-)Bild. (Claus Philipp / DER STANDARD, Printausgabe, 22.03.2007)