Bild nicht mehr verfügbar.

foto:APA/Herbert Pfarrhofer
Angesichts der von der ÖVP losgetretenen Debatte über das Sexualstrafrecht kann sich Justizministerin Maria Berger die Einführung von Mindeststrafen bei zwei Delikten vorstellen. Das erklärte sie heute in der vom BZÖ geforderten Sondersitzung des Nationalrates. Zuvor hatte auch schon Bundeskanzler Alfred Gusenbauer signalisiert, dass er sich strengere Strafen vorstellen könnte.

"Höre ich nicht gerne"

Grundsätzlich verwehrte sich die Ministerin jedoch gegen den Eindruck, die Justiz würde bei Sexualdelikten zu milde urteilen. Die Aufforderung von ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon, für härtere Urteile zu sorgen, wies sie zurück und verwies auf die Unabhängigkeit der Justiz: "Das ist eine Aufforderung zu verfassungswidrigem Handeln und solche Aufforderungen höre ich nicht gerne."

Die Einführung neuer Mindeststrafen ist für Berger bei zwei Sexualdelikten vorstellbar: Bei der "Geschlechtlichen Nötigung" (Paragraf 202/1 Strafgesetzbuch) sowie beim "Sexuellen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person" (Par. 205/1 StGB). Es handle sich dabei um einen Bereich, "wo wir über Mindeststrafen sehr gern reden können", sagte Berger. Bei beiden Delikten drohen bis zu fünf Jahren Haft, eine Mindeststrafe ist derzeit nur vorgesehen, wenn die Tat eine schwere Körperverletzung zur Folge hat (hier sind dann auch strengere Höchststrafen fällig).

Nicht von Einzelfällen auf Allgemeines schließen

Die von der ÖVP als zu milde kritisierte Rechtsprechung bei Sexualdelikten verteidigte Berger: "Es wäre falsch, von Einzelurteilen, ohne das Gesamtbild zu kennen, auf eine Fehlfunktion oder auf Fehlentwicklungen in der Justiz zu schließen."

Was die Debatte um ein "Berufsverbot" für Sexualstraftäter angeht, betont Berger, dass die diesbezüglichen Regelungen für den "Amtsverlust" im öffentlichen Dienst kürzlich verschärft worden seien. Eine Verständigungspflicht der Gerichte und der Staatsanwaltschaft an die öffentlichen Dienstgeber sei gegeben. Bei Kindergärtnern und Ärzten existiere ein "gutes Informationssystem, dass wegen eines Sexualdeliktes Verurteilte nicht mit Jugendlichen in Berührung kommen", versicherte die Ministerin.

Höhere Strafen

Bezüglich der Diskussion um höhere Strafen für Sexualstraftäter sprach sich SPÖ-Chef Gusenbauer dafür aus, zunächst zu evaluieren, wie die zuletzt verfügten Strafrahmen von den Gerichten angewendet werden. Sollte die Überprüfung zeigen, dass die Gesetzesänderung unwirksam gewesen sei, könne selbstverständlich auch eine Erhöhung der Strafen vollzogen werden.

Bezüglich der Sexualstraftäter brauche es hohe Mindeststrafen, lebenslange Kontrolle und eine Sextäter-Kartei, unterstützte Westenthaler rhetorisch sein vor ihm aufgebautes Täfelchen "Kein Pardon für Kinderschänder."

Auch Innenminister Günther Platter hat in der Sondersitzung dafür plädiert, sich den Strafrahmen bei Sexualdelikten nochmals anzusehen. Jedenfalls sprach er sich dafür aus, ein Berufsverbot für Personen auszusprechen, die mit Kinderpornos in Verbindung geraten sind. Es könne nicht sein, dass diese beruflich mit Kindern zu tun hätten.

20 orange Wünsche

"Die große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich" nannte sich der Dringliche Antrag des BZÖ. Konkret enthalten sind 20 Forderungen von einem Verzicht auf Personalkürzungen im Sicherheitsbereich über die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, die Etablierung eines ständigen Sicherheitsgipfels, eine Schwerpunktaktion gegen Diebstähle bis hin zu einer Fortführung der "restriktiven Zuwanderungs- und Asylpolitik Österreichs".

Das BZÖ begründet seinen Antrag damit, dass die Kriminalitätsentwicklung 2007 entgegen dem Trend der letzten Jahre wieder einen Anstieg der Straftaten zeigt. Gleichzeitig sei die Aufklärungsquote um 4,3 Prozent gesunken.

Überfüllte Gefängnisse

Bezüglich der überfüllten Gefängnisse erklärt das BZÖ, dass Haftentlassungen keine Lösung seien. Überhaupt werden Pläne von Justizministerin Maria Berger wie eine Strafamnestie oder die Umwandlung von Freiheits- in Geldstrafen abgelehnt. Als nahe liegendste Lösung erscheint dem Bündnis der Bau weiterer Gefängnisse.

Besondere Energie müsse für den Kampf gegen Kindesmissbrauch bzw. Kinderpornografie aufgewendet werden, postuliert das BZÖ. Prüfen will man unter anderem eine Veröffentlichung der Wohnadressen von Kinderschändern und ein Ansiedlungsverbot im Umkreis von Örtlichkeiten, die von Kindern verstärkt genutzt werden.

Skandal-Welle in der Wiener Polizei

Auch die Skandal-Welle in der Wiener Polizei findet Niederschlag im orangen Antrag. Verlangt wird eine rasche Lösung der Führungskrise. Beim Bundesheer befürchtet das Bündnis, dass das gewährte Budget de facto eine Kürzung bedeute und letztlich nicht ausreichen werde. So würden etwa bei den Soldaten im Auslandseinsatz die notwendigen Geräte fehlen.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat Donnerstagmittag in Sachen Sicherheit betont, dass sich die Regierung dieses Themenkomplexes ohnehin speziell annehme. Als Beleg führte der SPÖ-Chef unter anderem an, dass es etwa im Innenministerium heuer 230 Planstellen mehr gebe es als im Vorjahr. Der Kanzler betonte, die Regierung wolle, dass die gute Arbeit der Exekutive wieder im Vordergrund stehe. Daher würden diese Vorfälle auch behoben. Dass es in einem großen Apparat wie der Exekutive immer wieder schwarze Schade - oder rote Schafe, wie er nach einem Zwischenruf ergänzte - gebe, solle nicht das Bild der gesamten Wiener Polizei prägen.

Zusätzlich geplant sei jedenfalls eine Verbesserung der Ausbildung bei der Exekutive, versicherte daraufhin Gusenbauer. Ebenfalls vorgesehen ist, mehr Polizisten auf die Straße zu schicken. Denn das verstärke das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.

Antrag abgelehnt

Der Dringliche Antrag des BZÖ wurde nach Abschluss der Debatte am Donnerstag abgelehnt - nur die orangen Abgeordneten stimmten zu. Zwei Anträge der Koalition wurden mit rot-schwarzer Mehrheit angenommen: Darin wird Justizministerin Maria Berger aufgefordert, das Sexualstrafrecht zu evaluieren und Informationen über bedingte Entlassungen und Rückfallquoten vorzulegen. Außerdem ergeht die Aufforderung an die Regierung, sich für eine sichere Zukunft Österreichs in der EU einzusetzen. Alle weiteren von der Opposition eingebrachten Entschließungsanträge blieben in der Minderheit.(APA)