Nicht alles aufknüpfen
Die deutsche Ratspräsidentschaft müsse sicherstellen, dass nicht alles aufgeknüpft und in Frage gestellt werde. Eine neue Regierungskonferenz brauche daher ein genau definiertes Mandat, meinte Ferrero-Waldner. "Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass jene notwendigen Verbesserungen, die die Verfassung ja tatsächlich bringt und die im Interesse der Bürger sind, im Wesentlichen erhalten bleiben." Wenn man neue Nuancen setzen wolle, etwa eine stärkere Betonung des Sozialen, könne man dies auch durch eine Anreicherung etwa in Form eines Sozialprotokolls, wie es die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Längerem angedacht habe, umsetzen.
Leitl:Toter Hund EU-Verfassung
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl warnte bei einer Pressekonferenz vor der Festveranstaltung laut Aussendung vor der "Illusion", dass "der tote Hund EU-Verfassung mit noch ein paar Kompromissen wiederbelebt werden kann und das Vertrauen der Bürger gewinnt". Ausgehend von den 13 Euro-Staaten habe jetzt eine Vertiefung der Union Vorrang vor einer Erweiterung, so Leitl. Neben der Währungsunion brauche man eine gemeinsame Wirtschaftspolitik inklusive Bildung, Forschung und Infrastruktur sowie eine gemeinsame Sozialpolitik und eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Um dies zu erreichen, könne es ohne weiteres ein Europa der mehrfachen Geschwindigkeiten geben, meinte Leitl. "Niemand soll gezwungen werden, an einer Vertiefung in Richtung einer politischen Union teilzunehmen, es soll aber auch niemand daran gehindert werden."
"Wir brauchen weiterhin ein starkes und regierbares Europa"
Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Veit Sorger, erklärte am Donnerstag laut einer Pressemitteilung, die IV gehe davon aus, dass es der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gelingen werde, beim Gipfel im Juni nicht nur den Fahrplan für einen neuen EU-Vertrag abzustecken, sondern auch die Eckpunkte einer inhaltlichen Einigung im Kreise der 27 Regierungschefs zu diskutieren. "Wir brauchen weiterhin ein starkes und regierbares Europa, das auf einem festen und allgemein gültigen vertraglichen Fundament aufbaut. Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten ist daher nur die zweitbeste Lösung", betonte Sorger.
Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel forderte bei der Veranstaltung in der Nationalbank "ein soziales Europa, das Arbeit schafft". Auch nach 50 Jahren sei die EU "ein unvollendetes Projekt". Wirtschaftliche Ziele zählten noch immer viel mehr als soziale Zielsetzungen. "Die Lissabon-Ziele werden nicht erreicht, das zeigen mehr als 20 Millionen Arbeitssuchende in der EU ganz deutlich", sagte Tumpel laut einer Aussendung.