STANDARD: Warum lässt sich die SPÖ ständig von der ÖVP an die Wand spielen?
Prammer: Ich sehe das nicht so. Tatsache ist, dass die Mitglieder der Bundesregierung eine etwas andere Art und Weise gewählt haben, um in einer Regierung zusammenzuarbeiten. Ich halte es auch für positiv, wenn hier die Diskussion sichtbar ist. Aber: Es gibt schon eine gewisse Einseitigkeit, die mir nicht gefällt. Wenn etwa die interessierte Öffentlichkeit Begutachtungsentwürfe schneller kennt als das eigene Regierungsgegenüber, dann sind das unfreundliche Akte. Die SPÖ darf sich nicht alles gefallen lassen.
STANDARD: Beim Thema Erbschaftssteuer musste nicht lange gestritten werden. Gusenbauer ist bereits nach drei Tagen „umgefallen“.
Prammer: Der Ablauf bei der Erbschaftssteuer hat mir nicht gefallen. Tatsache ist, und hier hat der Bundeskanzler zu hundert Prozent Recht: Der Verfassungsgerichtshof hat nicht ein gänzliches Fallenlassen verlangt, sondern eine Korrektur. Dass die Erbschaftssteuer per se etwas Gutes und Gerechtes ist, ist amtlich. Für mich ist die Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer nicht ad acta gelegt. Es gibt sie nur nicht mehr unter diesem Titel. Die Regierung wird sich jedenfalls bei Zeiten darüber unterhalten müssen. Spätestens dann, wenn es darum geht, die Vorbereitung für die angekündigte Steuerreform im Jahr 2010 zu treffen.
STANDARD: Sie glauben nicht wirklich, dass die ÖVP dann bereit ist, die Erbschaftssteuer wieder einzuführen, oder?
Prammer: Tatsache ist: Bei der Steuerreform gibt es keine Festlegungen. Das ist bewusst aus dem Regierungsprogramm ausgeklammert, weil man sich nicht schon vorneweg diese Zeit nehmen konnte, die es braucht, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Dass das nicht einfach sein wird, da gebe ich Ihnen hundertprozentig Recht. Ich sage auch dazu, beim Thema Erbschaftssteuer war die Kommunikation seitens der SPÖ nicht sehr gelungen.
STANDARD: Hätte man sich nicht jetzt statt irgendwann _zur Steuerreform positionieren müssen?
Prammer: Die SPÖ hat sich ja positioniert. Gerade die Regierungsmitglieder haben klar gesagt, was sie unter einer gerechten Erbschaftssteuer verstehen. Nämlich eine mit vernünftigen Freigrenzen nach unten. Alles, was darüber hinausgeht, soll besteuert werden. Und das wird einer der Punkte sein, über die wieder zu reden sein wird, sobald es um die Steuerreform geht.
STANDARD: An der Basis rumort es aber bereits jetzt.
Prammer: Na Freude herrscht nicht vor. Aber ich möchte auch nicht haben, dass jetzt plötzlich der SPÖ das umgehängt wird, was eigentlich die ÖVP verursacht hat. Und zwar eine ungerechte Steuerreform in der letzten Gesetzgebungsperiode. Und andererseits ein klares Njet was die Gesprächsbereitschaft betrifft. Sich mit einem Parteivorstandsbeschluss einzuzementieren halte ich nicht für einen freundlichen Akt gegenüber dem Regierungspartner.
STANDARD: Aber die Erbschaftssteuer ist offensichtlich für die SPÖ nicht so eine Herzensangelegenheit, dass man sie zur Koalitionsfrage macht.
Prammer: Ich glaube, dass die Erbschaftssteuer als eine Steuer zu kurz gegriffen ist. Das muss man in einem großen Ganzen sehen und so auch diskutieren. Das wird hoffentlich bei Zeiten auch geschehen.
STANDARD: Aufregung gibt es nicht nur bei der Erbschaftssteuer, sondern auch bei den Studiengebühren. Die SPÖ-Studenten sind bemüht, sich vor der ÖH-Wahl von der Mutterpartei abzugrenzen. Haben Sie dafür Verständnis?
Prammer: Einerseits verstehe ich das. Andererseits muss ich wiederholen, was der Bundeskanzler nicht müde wird zu sagen: Wir haben 68 Mandate, die ÖVP hat 66 Mandate. Es ist natürlich nicht einfach, zu hundert Prozent etwas durchzusetzen, wo man so knapp beieinander liegt. Dass ich mir bei den Studiengebühren mehr erwartet hätte, habe ich bereits mehrfach öffentlich gesagt. Ich warte jetzt sehnsüchtig auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu den Entlastungen bei den Studiengebühren.
STANDARD: Das ist das gängige SPÖ-Wording. Ist das der Weg, wie unliebsame Entscheidungen leichter erträglich werden?