Alt, maschinenartig und bedrohlich: Hillary Clinton in einem wenig schmeichelhaften Videoclip, der in den USA für einige Aufregung sorgt.

"Hi. Ich bin Phil. Ich hab’s getan. Und ich bin stolz darauf.! Mit ein paar trotzigen Bekennerzeilen hat Philip de Vellis ein Rätsel gelöst, das die Helfer der Clintons, Obamas, Giulianis und aller anderen Wahlkämpfer 48 Stunden lang zu detektivischen Höchstleistungen anspornte. Gesucht wurde ein anonymer Künstler, der ein böses Video ins Internet gestellt hatte. Hillary Clinton als kontrollbesessener, despotischer Big Brother: „Who dunnit?“ – Wer hat es getan?

Als de Vellis sich bei der Huffington Post, einem Online-Magazin, zu erkennen gab, zeigte er nicht die leiseste Spur von Reue. Dies sei nicht der erste Werbespot mündiger Bürger gewesen, schrieb er. Und es werde auch nicht der letzte sein. „Das Spiel hat sich geändert. Die alte politische Maschine hat längst nicht mehr alle Macht.“

Alt und maschinell, so hat de Vellis die Ex-First-Lady skizziert. Im Clip redet sie dröhnend auf ein willenloses Publikum ein. Während ihr strenges Gesicht eine komplette Leinwand ausfüllt, hören uniformierte, mausgraue Menschen reglos zu. Szenen, wie sie George Orwell in „1984“ geschildert haben könnte. Nach eigener Version setzte sich de Vellis an einem Sonntagnachmittag an den Computer, sah sich eine Fernsehreklame von 1984 an, einen Streifen, in dem Apple einen neuen Rechner als heroischen Aufstand gegen den Marktführer verkauft.

Kreativ bearbeitete er das Filmchen, sodass es einen politischen Dreh bekam. Bei YouTube war das Ergebnis zu sehen. Bis Mittwoch verdiente de Vellis seine Brötchen bei Blue State Digital, einer Washingtoner Internetfirma. Jetzt ist er gefeuert. Sein Arbeitgeber wollte sich von ihm distanzieren, denn die Sache ist heikel. Bei der Präsidentschaftswahl 2008 liegt nämlich auch Blue State Digital gut im Rennen. Das Unternehmen steht gleich bei mehreren Kandidaten unter Vertrag, profitiert davon, dass noch keine Wahlschlacht so virtuell ausgetragen wurde wie diese. Gouverneur Bill Richardson gehört zum Kundenkreis, aber auch Barack Obama, einer der Favoriten und härtester Rivale von Clinton.

Barack Normalverbraucher gegen Hillary Parteimaschine – so klingt die Melodie, die sich Obamas Stab ausgedacht hat. De Vellis’ Orwell-Analogie passt genau in dieses Konzept, zumal sie mit unverhüllter Werbung endet, mit dem Verweis auf die Website BarackObama.com. Hat ihn der neue Star etwa angestiftet? Mit bubenhafter Unschuld versuchte Obama den Vorwurf bei Larry King zu entkräften. „Ach “, sagte er, „wir haben gar nicht die technischen Kapazitäten, um so was zumachen.“

Der Schöpfer eines Videos, der Hillary Clinton als Big-Brother-Despotin verdammt, schreibt ein paar trotzige Bekennerzeilen: „Die alte Maschine hat längst nicht mehr alle Macht.“ Clinton-Konkurrent Obama weist jede Verantwortung für den Clip von sich. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.3.2007)