Der eigentliche "Fun-Park" der Silvretta Nova: das zu erstapfende Hinterland.

Foto: Montafon Tourismus
Dass man im Montafon Skifahren kann, wird wohl nur Wenige aus, sagen wir, Wien, dazu bringen, quer durch Österreich zu fahren oder zu fliegen, um dort vielleicht etwas höher gelegene, vielleicht auch etwas "aussichtsreichere" Pisten zu befahren als in Salzburg oder Tirol. Noch dazu, wo diese Pisten weder besonders breit noch besonders leer noch viel schneereicher sind als anderswo und viele der Lifte noch aus dem Jahre Schnee (als noch überall Schnee lag) stammen.

"Silvretta Nova"

Die Berge dieser Region sind auf verschiedene "Besitzer" aufgeteilt, die Lifte, Alpenhütten (in Vorarlberg ist eine Alm eine Alpe) und Fun-, Snow- und Kids-Parks nach eigenem Konzept gestalten. Wie die "Silvretta Nova": Die Lifte und die Restaurationen dort gehören einem deutschen Schottertycoon, der dafür ein Gesamtkonzept entwickeln ließ, mit Riesenhütten für fast jeden (nicht den urigen) Geschmack, verschieden beschallt und eingerichtet, wo 7000 Hungrige und Durstige Platz finden. Das klingt schlimmer, als es ist. Die Restaurants sind geschickt gebaut, und man kann ganz gemütlich seine Schlutzkrapfen oder den berühmten Vorarlberger Sura Kees ("sauren Käse"/Sauerrkäse) mit einem herrlichen Panorama der Silvretta- oder Rätikon-Gruppe genießen. Zum Beispiel im Jagdstil oder auf Gründerzeitstühlen, umzingelt von röhrenden Hirschen in Öl, beleuchtet von unfassbar teuren und grellbunten Muranoglaslustern.

Vorarlbergs größter Snowpark

Herrn Walter Klaus, dem Schottermillionär, gefällt es, er wohnt angeblich ähnlich eingerichtet. Und er wird wohl nicht der Einzige sein. Seine Zielgruppe ist die Jugend. Und so wurde hier Vorarlbergs größter Snowpark mit einer 110 Meter langen Halfpipe und allen möglichen Sprung-, Gleit- und Schwungmöglichkeiten angelegt – mit speziellen Rails und Kickern –, der in einer Expertenwertung immer unter den ersten fünf (von 280!) liegt. Voll Ehrgeiz peilt man den ersten Platz an, wozu offenbar nur noch eine spezielle Aufstiegshilfe exklusiv für Funpark-Benutzer fehlt.

Ein Brett auf Touren

Die Splitboards wiederum sind besonders interessant für Tourengeher, die immer mehr und immer jünger werden und für die hier ein gigantisches Gebiet zu Verfügung steht. Sie steigen mit zwei Skiern auf, die, oben angelangt, zusammengeklickt werden, und fahren dann mit einem Snowboard ab. Für sie (oft Ski fahrender Vater und snowboardender Sohn) werden günstige Wochenenden angeboten, mit zwei Übernachtungen oberhalb von St. Gallenkirch, mit einem Pistentag und einem Tourentag mit Führer um 150 Euro. Ein Führer ist wichtig, nicht nur wegen der Lawinen und Felskanten, sondern auch weil er Routen kennt, die Kraft und ständigen Fellwechsel sparen.

Diabolo-Abfahrt

Der Golm in Tschagguns ist Familien wirklich zu empfehlen. Dort können die Abenteuerlustigen die Diabolo-Abfahrt mit 70 Prozent Gefälle oder die Anita-Wachter-Weltcuppiste hinunterjodeln, während die Großeltern von der Mittelstation Matschwitz einen 3,5 Kilometer langen Winterwanderweg entlangstapfen. Rodeln lässt es sich vom Brunellawirt, zu dem man (auch nächtens) mit dem Garfrescha-Sessellift gebracht wird – allerdings besser ohne Kinder, denn hier geht es eher discomäßig zu. Auch ins Gauertal zur Lindauer Hütte gibt es einen netten 2½-Stunden-Weg mit Möglichkeit zum Retourrodeln. Tonis Berghütte wiederum ist berühmt für die 1/2-Kilo-Schweinesteaks. So berühmt, dass sich dort regelmäßig Schiffsreeder treffen und einmal im Jahr auf urig tun, mit Matratzenlager und viel Schnaps.

Spuren im Schnee

Apropos berühmt: Darüber, dass Hemingway in Schruns einige Winterurlaube verbrachte, ist man heute noch glücklich und kann nicht umhin, ständig darauf zu verweisen, wo er gewohnt, wo er getourt, wo er gesoffen hat. Und gerne zitiert man seinen Roman "Schnee am Kilimandscharo", in dem die Schrunser Gegend erwähnt ist.

Aquarellkurse

Zu einer Möglichkeit, den Schnee nicht nur nachzulesen, sondern mit eigenen Augen zu sehen, regt Roland Haas die Montafon-Besucher an. Er hat seine beiden Leidenschaften, die Malerei und Skitouren, kombiniert (er ist ausgebildeter Skiführer und hat in Wien Malerei studiert) und macht mit den Teilnehmern seiner Aquarellkurse Ausflüge in die Natur. Besonders liebt er Schneelandschaften, die er für viel zu wenig beachtet und bearbeitet hält, weshalb er auch im örtlichen Kunstforum (das er führt) Ausstellungen zum Thema Schnee mit originellen Zugängen zum Winterweiß und der Tourismusindustrie kuratiert und versucht, seinen Studenten die vielen Strukturen und Farben des Schnees nahezubringen.

Das Montafoner Kursprogramm ist übrigens äußerst vielfältig. Mit chinesischer Tuschemalerei bis zu Arbeiten mit Naturhölzern und freier, experimenteller Malerei wird dem Kunst- neben dem Skikurs große Bedeutung beigemessen.

Das Montafon scheint auch die Kreativität seiner Bewohner anzustacheln: Die Vorbereitungen für die Sagenspiele im Sommer sind schon voll im Gang. Diesmal wird "Das Geheimnis der Madrisa" gelüftet, vor einem faszinierenden Bühnenbild: Im Silbertal wurde ein ganzes Dorf mit Wasserfall nachgebaut, und dahinter erhebt sich sagenhaft die Silvretta. Das wird allerdings erst ab 6. 7. stattfinden, aber bis dahin gibt es offensichtlich doch noch eine vernünftige Mischung aus Kunst und Schnee. (Elisabeth Hewson/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.3.2007)