Patrick Wolf live
am Freitag, den 27. April 2007
Krems, Halle 1

Foto: Gered Mankowitz/Donaufestival

Erste Begegnung: August 2004, Köln, C/O Pop-Festival. Die Kernfrage vor dem Auftritt: Wie wird ein - zumal blutjunger - Musiker eine Debüt-Platte wie "Lycanthropy" live umsetzen, wenn diese sich durch einen bis dahin nie gehörten Soundclash und das Miteinanderkombinieren unzähliger folkloristischer Instrumente mit Keyboards und Beats auszeichnet? Braucht es dazu nicht ein ganzes Orchester?

 

Die Antwort sieht so aus: Unbeirrt davon, dass sich zum Auftritt des Openers erst wenige BesucherInnen auf dem provisorischen Festivalgelände eingefunden haben, betritt Patrick Wolf die Bühne, wirft die Beatbox an und legt mit einem Geigensolo los. Alle hasten vor die Bühne, immer noch verwirrt vom Kulturpark-Ambiente und der Leere ringsum (die meisten werden erst zu Mouse on Mars kommen). Und dann ... ist alles vergessen. Patrick Wolf wechselt von Geige zu Ukulele zu Akkordeon - zwischendurch immer ein schneller Griff zur Beatbox - und singt und heult mit solcher Inbrunst, als würde er vor einem Millionenpublikum stehen.

Am Ende wird jeder zweite eine frischgekaufte "Lycanthropy" im Sackerl zwischen die Beine geklemmt haben; selbst hartgesottene Musikkenner, die von Patrick Wolf zuvor noch nichts gehört hatten und mein frisches, aber eifrig bekanntes Fantum erst skeptisch belächelten. Eine klopft mir auf die Schultern: "Wir verstehen dich."

Zweite Begegnung: April 2005, Berlin, Knaack. Wieder seinetwegen nach Deutschland gedüst. Nach langem Herumstehen und der beunruhigenden Durchsage, Mr Wolf habe wegen seines verschwundenen Passes den Frühflug verfehlt, huscht nach Mitternacht schließlich eine gehetzte Gestalt im Cape in den Saal, entschuldigt sich für den ungeplant divenhaften Aufritt mit den Worten "I'm feeling a bit Kylie Minogue now" und beginnt ohne Soundcheck sofort mit dem Spielen.

... den Sager hätte es nicht einmal gebraucht: sofort entfaltet Wolf sein Charisma und hat das Publikum auf seiner Seite. Dabei ist die Tour, die das 2005er-Album "Wind in the Wires" begleitet, komplett anders angelegt als die vorangegangene: Die meiste Zeit über sitzt Wolf diesmal am Piano und lässt seine reifer gewordene Stimme wirken. Die Elektronik bleibt diesmal außen vor, ein Schlagzeuger ersetzt die Beatbox, den Rest macht Wolf selbst. Besonders bei "The Libertine" und "Tristan", den beiden einzigen schnellen Nummern auf dem bewusst ruhig gehaltenen "Wind in the Wires", fällt der Wunsch nach Kalmierung auf. Und Balladen wie "Teignmouth" oder "To the Lighthouse" werden in der Unplugged-Version noch eindringlicher; dazwischen blitzen auch schon ein paar neue Nummern auf, die erst zwei Jahre später auf dem aktuellen Album "The Magic Position" erscheinen werden. "Augustine" legt Zeugnis über diese Zeit ab - ein anderes Beispiel für die Verdichtung durch Reduktion hier als Video: der herausragende Song "Bluebells" des neuen Albums in der Hausmusik-Version:

Zweieinhalbte Begegnung: Zwei Wochen später, Szene Wien. Mit dem Taxi vom Konzert eines Freundes zum Auftritt Patrick Wolfs gedüst, um wenigstens noch die Zugaben mitzukriegen. In die Halle gehechtet, freudige Verblüffung: Dreimal soviele Leute da wie in Berlin, stürmischer Beifall, selig grinsender Wolf, eine Zugabe nach der anderen. Österreich ist Patrick Wolf-Land. Endlich.

Dritte Begegnung: 2007, Donaufestival. Wie wird er's wohl diesmal anlegen? Lassen wir uns überraschen! (Josefson)