"Vor lauter Zukunftsangst nächtelang nicht geschlafen": Der Pakistani Afzaal (links) und die Österreicherin Natalie Deewan (rechts) - hier vor ihrem Erfolgsbeisl in der Wiener Liechtensteinstraße 11 - wissen nicht weiter.

Foto: Regine Hendrich

Das Prinzip "Pay as you like" zieht mittags viele junge Leute - und abends auch ältere - ins derzeit einzige pakistanische Lokal von Wien.

Foto: Regine Hendrich
Wien - Im "Wiener Deewan", dem pakistanischen Aufsteigerlokal unweit der Wiener Uni, duftet es verführerisch nach gebratenem Gemüse, Fleisch und Curry. Scharen junger Leute in Alltagsoutfit balancieren voll gehäufte Teller vom Buffet zu den Tischen: Eine Folge des "Phänomens Mittagshunger", wie die Philosophin, Beisl-Geschäftsführerin und Co-Inhaberin, Natalie Deewan (28), erläutert.

Den "Mittagshunger" und seine für Wirte arbeitsintensiven Vorbereitungen auf ihn hatte die Österreicherin auch den Fremdenpolizisten gegenüber erwähnt, die eines Vormittags in ihrer Wohnung auftauchten. Wo denn ihr Mann und Beisl-Mitbetreiber Afzaal Deewan (42) sei, hatten die zum Zweck der Scheinehen-Überprüfung erschienenen Beamten gefragt. Arbeiten in seinem eigenen Lokal sei er, hatte sie geantwortet - ganz so, wie sie und er es seit der Lokalgründung im April 2005 "zwölf bis 14 Stunden täglich" täten. Der Erfolg - 11 Angestellte, geschätzte 250.000 Euro Umsatz 2006 - komme eben nicht von nichts.

"Die Fremdenpolizisten sind daraufhin davongerannt", erinnert sich Frau Deewan. Mit einem Erfolgsgastronomen als "Kunden" hatten sie offenbar nicht gerechnet.

Unerwünscht und gefeiert zugleich

Doch aufgrund des zu Jahresbeginn 2006 ohne Übergangsfristen eingeführten Niederlassungsgesetzes ist der ursprünglich als Flüchtling nach Österreich gekommene Pakistani tatsächlich beides: Unerwünschter Ausländer ohne Aufenthaltsrecht und prämierter Jungunternehmer und gefeierter Koch: Das Lokal, das seine Frau und er gemeinsam nur gründen konnten, weil Asylwerbern selbstständige Tätigkeit nicht verboten werden darf, wurde vom Falter inzwischen unter die "Wiener Top Ten" gereiht.

Ein solcher gelebter Gegensatz geht an die Substanz. Als das "Deewan"-Lokalkonzept "Pay as you like" - jeder bezahlt für sein Essen, was ihm beliebt - beim Jungunternehmerwettbewerb 2006 auf Platz 30 unter 1400 Projekten rangierte, konnte sein Erfinder "vor lauter Zukunftsangst nächtelang nicht schlafen" - wie er erzählt. Nun, wo "vom Wirtschaftlichen her eigentlich weitere Beisleröffnungen anstehen würden", raubt dem Paar der Kampf gegen eine mögliche Ausweisung Afzaals viel Kraft.

"Chancen gesunken"

Bei der in Wien für Fremdenangelegenheiten zuständigen MA 35 hat es zuletzt geheißen, "dass die Chancen für eine Niederlassungsbewilligung aufgrund einer Verschärfung weiter gesunken sind", schildert Natalie Deewan. MA-35-Leiterin Beatrix Hornschall bestätigt dem Standard diese schlechte Nachricht: "Ein neues Rundschreiben aus dem Innenministerium macht wohlwollende Interpretationen wie bisher in Altfällen unmöglich. Herr Dewan ist einer der ersten Betroffenen" (siehe Artikel "Verschärfung per E-Mail aus Ministerium").

"Bisher wohlwollend? Wir warten seit November 2005 auf eine Entscheidung", wehrt sich Natalie Deewan. Im Grunde sei die Sache "grotesk", ergänzt Angela Magenheimer von der Initiative "Ehe ohne Grenzen": "Da überreicht Wirtschaftsminister Bartenstein eine Auszeichnung an einen Mann, den sein Parteikollege, Innenminister Platter, unbedingt außer Landes schaffen will." (Irene Brickner/DER STANDARD-Printausgabe, 26.03.2007)