KURIER, Sonntag, 25. März 2007, Chronik, Seite 11:
"Koitus interruptus".

27. März 2007
Montage: Redaktion

Patriarchale Propaganda für kollektive männliche Entladungen und journalistische Höhenflüge darüber, dass eine Frau auf einer "Gang-Bang-Party" mit möglichst vielen Männern Sex hat, verdienen sich eine goldene Zitrone.

"Koitus interruptus" steht groß als Überschrift eines Kurier-Artikels. Auf einer ganz normalen Chronikseite der Kurier-Sonntagsausgabe (Auflage 1,2 Millionen): "Im vermeintlich konservativen Salzburg erfreut sich derzeit eine ganz besondere Form des Gruppensex steigender Beliebtheit." Man bemerke: Gruppensex ist normal, hier geht es bereits um eine "besondere Form", eine höhere Ebene sozusagen. Das "lüsterne Treiben" nennt sich "Gang-Bang-Party" und in Klammern erklärt der Kurier-Journalist auch gleich allen unlustigen, unlüsternen, "konservativen" Nichtwissenden, was das bedeutet: "Eine Frau hat mit möglichst vielen Männern Sex". Sehr interessant. Aber leider – und deswegen die tolle Überschrift – mit "vorzeitigem Ende". Denn ein Polizeieinsatz beendete spielverderbender Weise in St. Veit im Pongau den männlichen Gruppen-Koitus.

Dass der Ausdruck "gang banging" in den USA die Gruppenvergewaltigung einer Frau bedeutet und vor allem in den rechtsradikalen Verbindungen ("fraternities") auf den Colleges als Einstiegsritual praktiziert wird, dürfte dem Autor entgangen sein. Jedes Jahr landen Frauen im Krankenhaus. Dafür interviewte er (oder war das eine APA-Aussendung?) gleich mitleidig den Veranstalter "Video-Rudi", der "alle fünf Wochen regelmäßig einen Gang-Bang veranstaltet". Video-Rudi darf journalistisch unhinterfragt auf die Polizei schimpfen, die "einen Spitzel im Haus hatte, der die Türen öffnete" und sagen, dass es doch noch nie Probleme gab. Werbung für Rudis "einschlägige" Homepage wird gleich mitgeliefert. Wie wäre es mit einer Gratis-Pressefahrt? Zum Beispiel nach Vigaun, wo es noch eine Chance auf ungestraftes Männer-Gruppenrammeln gibt, denn "Anfang März musste in Bad Vigaun ein Weltrekordversuch im Gang-Bang wegen Protesten verschoben werden." Die Hoffnung lebt.

Sport unter Männern

Der Ausdruck "Gang-Bang" spielt direkt auf "gang banging" an und verkauft mit einem gruseligen Kitzel die altbekannte Erotik der Dominanz. "Fraternities kreieren einen soziokulturellen Kontext, in dem das Benutzen von Zwang in sexuellen Beziehungen mit Frauen die Norm ist", meinen Patricia Yancey Martin und Robert A. Hummer in dem Buch "Violence against Women. The Bloody Footprints". Verbindungen in den USA bauen männliche Identität durch Konkurrenz und Dominanzverhalten auf – Befehlen zu folgen und sich einer Autorität unterzuordnen gilt als männlich. "Militante Heterosexualität wird als Strategie verwendet, um sich gegenseitig auf Linie zu halten" und "Sexueller Zwang wird als Spaß, als Wettbewerb, als Spiel verkauft. Dieser Sport wird nicht zwischen Männern und Frauen, sondern zwischen Männern und Männern betrieben", steht in "Violence against Women". In erster Linie geht es nicht um das einsame Objekt Frau, was Lust erzeugt, ist die Konkurrenz unter den vereinigten Männern. Wie wäre es mit einem kollektiven "head banging", alle in Anzug und Krawatte und überhaupt ganz ohne Frauen? Kann auch lustvoll sein und bringt vielleicht mehr Entladungen. (kek)