Schritte unter Totgeweihten: Sara L. Krierer.

Foto: Kornmarktth.
Eine Frau faltet ordentlich ihre Kleider zusammen, bevor sie sich im Meer ertränkt. Zwei Suizidanten philosophieren auf dem Dach eines Hochhauses über das Leben nach dem Tod. Ein wütender "Chor der Autofahrer" ermuntert einen Lebensmüden zum Sprung von der Brücke. Eine einsame alte Frau gibt sich bei Hinterbliebenen von Mordopfern als Mutter des Mörders aus. Ein nekrophiler Leichenwäscher missachtet seine junge schöne Frau, deren tyrannische Mutter langsam von Diabetes zerfressen wird. In dem zwei Stunden dauernden Stück Unschuld fallen die Leute reihenweise um. Aber die Berliner Autorin Dea Loher schrieb keine Tragödie oder ein Melodram, sondern eher ein Register des menschlichen Elends, das sie mit sehr viel Wortwitz ausbreitet. Ja, Tod und Verderben sind hier richtig lustig. Am Ende trägt sogar das Leben seinen Sieg über den Zynismus davon, weil einsame Herzen zueinander finden und so ihren Wahnsinn überwinden können. Eine tolle Ensembleleistung, eine gelungene Inszenierung von Lothar Maninger im wie immer beeindruckenden Bühnenbild von Ursula Müller. (mh/ DER STANDARD, Printausgabe, 27.03.2007)