Wien - Eine Plattform zur Diskussion zwischen Pharmaindustrie und Zulassungsbehörden auf europäischer Ebene bietet der derzeit im Austria Center Vienna ablaufende 19. europäische Kongress der Drug Information Association (DIA) (26. bis 28. März). Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen Pharmakovigilanz, die Zulassung von Arzneimitteln speziell für Kinder und "Biosimilars", also Nachahmeprodukte von Biotech-Medikamenten.

Probleme weiterverfolgen

Ein brandheißes Thema ist die Pharmakovigilanz, also die Überwachung von auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln auf Nebenwirkungen, die beispielsweise in den Zulassungsstudien noch nicht bemerkt wurden. Christa Wirthumer-Hoche, Chefin der Abteilung für die Zulassung von Medikamenten durch die PharMED Austria (AGES), aus Anlass des Meetings: "Die Diskussionen begannen mit dem Vioxx-Fall (Antirheumatikum Rofecoxib, das vom Markt genommen werden musste, Anm.). Es geht darum, Signale für mögliche spätere Probleme möglichst früh zu registrieren und sie weiter zu verfolgen."

Der Hintergrund

Manchmal gibt es in der Arzneimittelentwicklung schon in einem frühen Stadium einzelne Beobachtungen, die eventuell einen Hinweis auf ein Gefährdungspotenzial geben können. Die daraus resultierende Nebenwirkung wird aber - weil das Risiko dafür zu klein ist - während der klinischen Studien nicht bemerkt, sie taucht erst bei der breiten Anwendung eines neuen Medikaments nach der Zulassung auf. Die Antwort der Registrierungsbehörden: Schon zum Zeitpunkt der Marktzulassung sollen die Erzeuger einen Plan vorlegen, der das Management solcher Risiken darlegt.

Vereinfachte Sicherheitsupdates

Vereinfacht wird in Europa die nun notwendige regelmäßige Einreichung von Sicherheits-Updates für Wirkstoffe von Arzneimitteln durch die Pharmaproduzenten: Für 650 bekannte Substanzen, die in den verschiedenen Staaten in Medikamenten unterschiedlichen Namens enthalten sind, wurde der jeweilige Abgabetermin für die Updates bei den Behörden harmonisiert. Diese werden gesammelt und der Behörde eines Referenzlandes pro Substanz übermittelt, welches die Daten analysiert.

Kinderarzneien

Im Aufbau begriffen ist die Zulassung von Medikamenten speziell für Kinder. Bisher gab es hier kaum Verfahren, was ein erhebliches Manko bedeutete. In Zukunft soll es sowohl klinische Studien mit Kindern als Probanden geben als auch Anreize für die Industrie neue oder auch schon etablierte Substanzen für die Verwendung in der Pädiatrie zuzulassen. Als Anreiz für den vermehrten Aufwand winkt eine verlängere Schutzfrist für Patente.

"Biosimilars"

Ebenfalls brandheiß: Die so genannten "Biosimilars". Das sind 25 Jahre nach den ersten patentgeschützten Biotech-Medikamenten die "Nachbauten" dieser Substanzen durch andere Erzeuger als die Originalhersteller. Doch weil die Produktion solcher Proteine auf biotechnologischer Basis extrem kompliziert ist und die Substanzen selbst an Größe und Komplexität um Klassen schwieriger zu charakterisieren sind, entstehen niemals völlig baugleiche Wirksubstanzen, sondern nur möglichst ähnliche. Daher kommt der Name "Biosimilars".

Für sie wurde auch in Europa ein eigenes Zulassungsverfahren geschaffen, das mehr Anforderung enthält als jene für Generika von synthetisch hergestellten Wirkstoffen. Hier müssen die Behörden eine Gratwanderung zwischen Vereinfachung der Zulassung im Vergleich zu dem Originalmedikament und der Garantie der Sicherheit beschreiten. Bleibt abzuwarten was geschieht, wenn es mit einem solchen Biotech-Nachbau zu ersten Problemen kommt. An dem Kongress in Wien nehmen rund 2.600 Experten teil. Die DIA will Wien in Zukunft als Sprungbrett für Osteuropa nutzen. (APA)