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Gebündeltes, einfärbiges Licht aus Lasern. Neue Technologien, an denen auch österreichische Institutionen mitwirkten, machen die Wunderlampen immer effizienter. Derzeit können bereits bis zu 70 Prozent der in einen Laser gesteckten Energie in Form von strukturierten Photonen-Impulsen wieder herausgenommen werden.

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Heute ist die Wunderlampe aus der Quantenwelt in aller Munde, zahlreiche Technologien sind von den Präzisionsgeräten abhängig. Und morgen könnte sogar der Takt der Uhren von Lasern angegeben werden. Eine Zeitreise.

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Sonntag wurden die Uhren auf Sommerzeit umgestellt. Wegen des Lichtes, das den Tag nun länger erhellt, weswegen die Lichter nicht so lange brennen müssen, was Energie sparen und Klima schützen hilft. Das jährlich zweimalige Verschieben der Zeit wirft immer wieder die Frage auf, was denn Zeit eigentlich sei. Eine Antwort darauf lässt sich vielleicht abermals mit Licht geben. Mit jenem des Lasers.

In der Annahme, dass Zeit irgendwann diskontinuierlich wird, so wie Materie aus Quarks besteht und sich auch Zeit aus einzelnen, aneinander gereihten, nicht mehr teilbaren Stücken Gegenwart zusammensetzt, zerhacken Physiker die Zeit in immer kleinere Teile. Ein Augenzwinkern dauert im Vergleich zu diesen eine Ewigkeit. Erst wenn man den Millionstel-Teil der Dauer eines Lidschlags in weitere 100 Millionen Momente unterteilt, erreicht man jene Zeitdimension, in die Wissenschafter bereits vorzudringen imstande sind: in die Attowelt. Zeiten, die zwischen 16 und 18 Stellen nach dem Komma existieren und sich zur Sekunde verhalten wie eine Minute zum Alter des Universums.

Der Erste, der die Attowelt betreten hat, ist der Österreicher Ferenc Krausz. Den Eingang dorthin fand der Physiker in der Kurzzeitspektroskopie, einer Art Erweiterung ultraschneller Fotografie: "So wie Sie für eine scharfe Momentaufnahme eines vorbeiflitzenden Rennwagens eine Kamera mit sehr kurzer Verschlusszeit brauchen, brauchen Sie ultrakurze Laserpulse, um Vorgänge in der Mikrowelt festzuhalten", erklärt Krausz, der vom Institut für Photonik der TU Wien vor drei Jahren als Direktor ans Max-Planck-Institut für Quantenoptik ging.

Mit Attosekundenlasern können Bewegungen von Elektronen in Atomen aufgenommen werden, was neue Einsichten in den Aufbau aller Materie gewährt und der Zeit in naher Zukunft eine neue Definition verpassen kann. Zuvor aber noch etwas Vergangenheit.

Ein Licht aufgegangen

"Es ist mir ein prächtiges Licht über die Absorption und Emission von Strahlung aufgegangen, es ist alles ganz quantisch", schrieb Albert Einstein und legte 1917 die quantentheoretischen Grundlagen für den Laser - ohne jedoch dessen Erfindung zu erahnen.

Doch andere Physiker tüftelten Jahrzehnte lang an der Konstruktion einer Wunderlampe, bis technisch Versierten ein Licht aufging. Das Kunstwort "Laser" (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation) wurde 1957, vor 50 Jahren, erstmals vom US-Physiker Gordon Gould verwendet. Und schon 1960 ließ sein Kollege Theodore Maiman vor versammelter Presse eine spiralförmige Gasentladungslampe leuchten. In ihr steckte ein Rubinkristallstab mit verspiegelten Enden. Das Blitzlicht löste in dem Rubin den ersten Laserpuls der Welt aus. Die Journalisten sahen darin jedoch nur eine Lösung, die noch nach ihrem Problem suche. Heute zählen die Wunderlampen für einfärbiges Licht zu den wichtigsten Schlüsseltechnologien - anerkannte Forschungszentren haben sich neben den USA und Japan auch in Wien, Graz und Leoben etablieren.

Durch Energiezufuhr kann ein Elektron in angeregten Zustand versetzt werden. Licht entsteht, wenn dieses angeregte Elektron in einen energieärmeren Zustand wechselt und dabei ein Photon abgibt. Wenn ein solches auf ein bereits angeregtes Teilchen trifft, entsteht ein zweites Photon mit identen Eigenschaften - es kommt zu einer stimulierten Emission, verstärktes Licht entsteht. Benötigt wird ein Lasermedium, etwa ein Kristall, ein Gas oder ein Halbleiter, und eine Pumpe, die in diesem Medium ausreichend angeregte Teilchen erzeugt. Rückkoppelnde Elemente wie Spiegel, die den Laserstrahl mehrmals durch das Lasermedium schicken, verstärken den Effekt.

Derart erhellen Laser heute die Telekommunikation (siehe Artikel unten), in der Industrie schneiden sie Bleche, helfen sie beim Formen, Biegen, Härten und Beschichten von Werkstoffen. In der Medizin messen Laser die Blutzirkulation, machen als Lichtskalpelle blutstillende Schnitte, reparieren fehlsichtige Augen und bohren schmerzlos in Zähnen. Und in der Physik geben sie nun der Zeit einen neuen Takt.

Seit 1967 ist die Sekunde "das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen zwei Strukturniveaus von Cäsium-133-Atomen entsprechenden Strahlung". Alle Atomuhren ticken im Takt dieser Picosekunden - und viele Technologien richten sich danach: So hängt die Präzision der Satellitennavigation (GPS) von der Genauigkeit der Zeitmessung ab. Die ist den Physiker zu ungenau.

Reise in die Attowelt

Mit moderner Lasertechnik können schließlich Lichtpulse erzeugt werden, die von noch kürzerer Dauer sind, als die Atomuhr tickt. Von der Cäsiumzeit aus der Picowelt kann man in die Femtowelt, ja sogar in die Attowelt eindringen. Statt neun Milliarden Schwingungen des Cäsium-Atoms zu zählen, könnte man die Zeit an einem Atom mit hunderttausend- oder gar millionenfach höherer Frequenz festmachen. Diese Schwingung könnten Laser anregen. Sichtbares Laserlicht wäre dann Taktgeber, es wären optische Atomuhren, die viel genauer wären als alles Bisherige.

Mit ihnen würde sich nicht nur das GPS und vieles mehr schlagartig verbessern, mit diesen Uhren könnten auch Naturkonstanten nachgemessen werden, die laut jüngeren Theorien so konstant gar nicht sind. Was das physikalische Weltbild auf den Kopf stellen würde. Experimente laufen.

Nach einem von den Physikern erwarteten Erfolg hängt die Einführung einer neuen Zeitdefinition dann nur noch von den internationalen Instituten für Zeitmessung ab. (Andreas Feiertag/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 3. 2007)