Graz - Frauen, die sich mit 40 Jahren oder später für eine Mutterschaft entscheiden, werden heute noch kritisch von ihrem sozialen Umfeld beäugt. "Frauen, die sich erst spät ihren Kinderwunsch erfüllen, verdienen nicht so sehr unsere Ächtung als unsere Achtung", meinte der Erziehungswissenschafter Werner Lenz von der Karl-Franzens-Universität Graz.

"Frauen, die sich spät für ein Kind entscheiden, können einen reichen Schatz an Lebenserfahrung mit in die Erziehung einbringen", so Lenz. Weiters sei wohl in vielen Fällen die berufliche Karriere meist schon so weit fortgeschritten, dass sie sich gelassener und ohne Stress der Erziehung ihres Sprösslings widmen könnten. "Eine Frau nimmt kein Zuckerschlecken auf sich, wenn sie sich für eine späte Mutterschaft entscheidet, in so ferne denke ich, dass sie sich den Schritt Leben zu schenken auch reiflich überlegt haben."

Als Nachteil wertet Lenz die abnehmende Mobilität im fortschreitenden Alter: "Man kann nur hoffen, dass die Eltern auch noch in den späteren Jahren fit und agil sind, um mit den Ansprüchen der Kinder mitzuhalten". Auf jeden Fall müssten sich Männer und Frauen, die eine späte Elternschaft planen, darüber im Klaren sein, dass mit diesem Schritt "sehr viel und lange Zeit Verantwortung für das Kind" einhergeht.

Ältere Eltern dürften ebenso wenig wie junge von der Gesellschaft alleine gelassen werden. "Ein altes afrikanisches Sprichwort sagt: Die beste Erziehung ist die durch ein ganzes Dorf", so Lenz. Ihn stimme nachdenklich, dass sich so viele Paare erst in reiferen Jahren den Kinderwunsch erfüllen. "Das stimmt was nicht an den Rahmenbedingungen, den Frauen ist da kein Vorwurf zu machen", so der Erziehungswissenschafter. Es gelte darüber nachzudenken, wie die Gesellschaft die Eltern - und das gelte für die jungen ebenso wie für die alten Eltern - besser unterstützen kann, so Lenz.

Ein Manko ortet der Grazer Wissenschafter im Bereich der Forschung hinsichtlich der biografischen Situation von Kindern später Eltern: "Wir wissen mittlerweile schon einiges über die Lebenssituation der Väter und Mütter, nicht aber der Kinder und wie sie mit der Tatsache, alte Eltern zu haben, umgehen. Hier besteht eindeutiger Forschungsbedarf." (APA)