Wien - Staatsopernalltag, der uns immer einholen muss! Da begibt man sich ins Haus am Ring, angesagt ist immerhin der wahrscheinlich zukünftige Direktor in der Rolle des zu exekutierenden Cavaradossi. Solches verspricht etwas Spannung angesichts der wie immer etwas hektischen Vorgänge rund um die Besetzung dieses Wiener Edelpostens.

Und siehe da: Während Neil Shicoff etwas Mühe hat, in den Tosca-Abend stimmlich hineinzukommen (die Lautstärke der Philharmoniker ist nicht hilfreich, hoffentlich aber kein Protest gegen den Kandidaten; das Orchester will ja Dirigent Christian Thielemann), sitzten Noch-Direktor Holender und sein aktueller Favorit als Nachfolger, Klaus Bachler (kürzlich war es noch Franz Welser-Möst), in der Direktionsloge.

Nach zehn Minuten sind beide allerdings weg, und sehen nicht wirklich, wie Shicoff auf eine Partnerin (Eszter Sümegi) trifft, die alle Tosca-Töne packt, aber von einer Schrillheit ist, als wollte sie das Grobe eines Abends symbolisieren, der mit Lado Ataneli (als Scarpia) immerhin einen Schönklangkünstler aufzubieten hat.

Dass man sich von den besonderen Umständen des Abends eine Erhebung über den Alltag erhofft hatte, und nicht einfach der Besetzung wegen, ist ja an sich bezeichnend. Die Inszenierung im Methusalemalter, der Tenor auch schon in einer Lebensphase der Umorientierung - wobei: Mit Fortdauer des Abends kommt Shicoff in Fahrt. Er wird mit dem nasalen Timbre zwar nie Belcantobedürfnisse stillen; auch große Nuancenkunst steht ihm nicht (mehr) zur Verfügung.

Aber jene mutige Kunst der erkämpften hohen Strahletöne, die beherrscht der Freund des Bundeskanzlers, und am Ende, vor der Exekution (da ist Herr Holender wieder kurz in der Loge), blitzten tatsächlich ein paar Ariensterne! Letztlich aber ein Abend, den ein fauler Applaus treffend kommentierte. Und dessen Buhs Dirigent Vjekoslav Sutej galten, der Lautstärke und Geschwindigkeit als Intensität ausgab. (Ljubisa Tosic / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.3.2007)