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Kurt Palm

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Let’s drink to the hard working people", sangen die Rolling Stones 1968, und das lassen wir uns nicht zwei Mal sagen, wenn es dieser Tage darum geht, im Gedenken an den irischen Schriftsteller Flann O‘Brien das eine oder andere Glas Porter oder Whiskey zu leeren. Das ist insofern legitim, als wir den 41. Todestag O’Briens am Palmsonntag (Dominica in Palmis de passione Domini) in der Tradition von "Finnegan’s Wake" begehen wollen, jenem Volkslied, in dem die Totenfeier am Sarge des Maurers Tim Finnegan mit einem ordentlichen Besäufnis endet.

Wie Tim Finnegan war auch O’Brien ein harter Arbeiter, der sich als Zollbeamter seine Akten von einem Boten sogar in jenes Pub bringen ließ, in dem er ab etwa neun Uhr am Vormittag seinen Arbeitstag begann.

Nach Dienstschluss begab er sich dann schnurstracks in eine seiner Stammkneipen wie den "Davy Byrnes", die "Palace Bar" oder den "Mac Daid’s", wo er sich in langen Nächten seine Geschichten über den wahnsinnigen König Sweeny oder den verrückten Wissenschaftler de Selby ausdachte.

Dieser de Selby ist der Begründer jener revolutionären Atomtheorie, nach der es zwischen Menschen, Tieren und Dingen bei jeder Berührung zu einem Austausch von Atomen kommt. Das erklärt auch, weshalb beispielsweise Hundehalter im Laufe der Jahre ihren Hunden immer ähnlicher sehen oder weshalb Menschen, die viel mit dem Fahrrad unterwegs sind, sukzessive immer mehr Atome ihrer Fahrräder in sich aufnehmen, was im umgekehrten Extremfall allerdings auch dazu führen kann, dass ein Rad mehr als 50 Prozent menschliche Atome besitzt. In seinem Buch Der dritte Polizist schildert O’Brien den dramatischen Fall eines Fahrrad fahrenden Mörders, der vom Gericht freigesprochen wird, weil er nachweisen kann, dass sein Rad bereits mehr als die Hälfte seiner Atome aufgenommen hat und daher dieses für den Mord verantwortlich ist. Folgerichtig wird das Rad zum Tod durch den Strang verurteilt und nach Vollstreckung des Urteils in einem Sarg in Fahrradform beerdigt. Solche Geschichten fallen einem ein, wenn man stundenlang in verrauchten Pubs am Tresen steht und ein Pint (0,5694 Liter) Porter nach dem anderen in sich hineinschüttet. Verrauchte Pubs?

Natürlich verrauchte Pubs, denn zu O’Briens Zeiten hätte man jeden für verrückt erklärt, der für rauchfreie Pubs eingetreten wäre.

Wie sehr O’Brien "the hard working people" schätzte, zeigt sich auch in seinem von Harry Rowohlt übersetzten Roman In Schwimmen-zwei-Vögel , in dem der Arbeiterdichter Jem Casey einmal reimt: "Ein Arbeitsmann, ein Arbeitsmann/ein Hoch, ein Hoch auf den Arbeitsmann/er schaufelt und schwitzt, bis er fast nicht mehr kann/ein Gottesgeschenk ist der Arbeitsmann." Sie werden also verstehen, wenn ich an dieser Stelle mit einem gewissen Stolz verkünde, dass ich seit 19. November 1998 Mitglied der "Society of Jem Casey" in Dublin bin. "Hip Hip Hurray!" ("At Swim-Two-Birds", S. 147) (Kurt Palm ALBUM/ DER STANDARD, Printausgabe, 31.3./1.4.2007)