Buchcover: Piper
Wahre Freunde

Das nächste Oberhaupt der USA heißt nicht Hillary Clinton, sondern Helen Bentley und verschwindet bei einem Staatsbesuch in Norwegen spurlos. Während die USA Al-Kaida für die Entführung verantwortlich machen und hunderte Geheimdienstler einfliegen, steigen Ölpreise und Verwirrung. Mit doppeltem und dreifachem Boden versieht Anne Holt, Ex-Justizministerin von Norwegen, ihren Thriller Die Präsidentin (Deutsch: Gabriele Haefs, € 20,50, Piper). Helen Bentley hatte während des Studiums einen arabischstämmigen Freund - kommt der Verrat aus dieser Ecke, oder weiß jemand von der ungesühnten Schuld, die sie auf sich geladen hat? Der norwegische Polizist Yngvar Stubo und seine Frau Inger werden wider Willen in die Ermittlungen einbezogen. Holts Szenario ist surreal und doch in den Details realistisch, auf jeden Fall schwer originell.

Korrupte Kader

Wieder einmal bewährt sich die These, dass man aus guten Krimis viel über die politischen, sozialen und emotionalen Gegebenheiten eines Landes erfahren kann. In besonderem Maße gilt dies für die Werke von Qiu Xiaolong, der den wirtschaftlichen Umbruch, die Korruptionisten und Parteikader Chinas packend zu schildern weiß. Sein ehrenhafter Oberinspektor Chen bekommt in Rote Ratten (Deutsch: Susanne Hornfeck, € 24,20, Zsolnay) ambivalente Signale von seinen Vorgesetzten. Einerseits soll er im Kampf gegen die Bestechlichkeit Erfolge vorweisen, andererseits ist Vorsicht geboten, denn es könnten hohe Politiker involviert sein. Plötzlich wird Chen aus nicht nachvollziehbaren Gründen zum Leiter einer Schriftstellerde-legation ernannt, die in die USA reisen soll. Der Zusammenstoß der Kulturen bereitet Vergnügen, der sympathische Chen sowieso.

Geklaute Kopien

Lange Exkurse über alte Instrumente, betrügerische Gutachten und Preistreiberei beschert uns ein Autor, der vom Fach ist: Rupert Schöttle, Cellist und Mitglied der Wiener Philharmoniker, ist gebürtiger Deutscher, hat sich aber in die nekrophile, vordergründig kommode Atmosphäre Wiens bestens eingelebt. Der Bestattungsvirtuose (€ 19,90, Molden) ist ein eher ehrgeiz-loser Musiker, der Livemusik bei Begräbnissen anbietet. Allerdings nennt er eine ererbte Stradivari sein Eigen. Das Instrument wird gestohlen, das heißt, die Kopie davon, denn das echte Cello befindet sich zwecks Service beim Geigenbauer. Damit tritt das Polizistenduo Vogel und Walz auf den Plan: Der eine hat während des Urlaubs der Gattin ein heftiges Pantscherl laufen, der andere läuft seiner Jugendliebe hinterher. Zwischendurch wird auch ermittelt, was freilich nicht verhindert, dass es Tote gibt.

Grimmiges Konfekt

Immerhin 108 Seiten braucht Teresa Solana bis zur ersten Leiche. Die ist peinlich für das klandestine Zwillingspaar Eduard und Pep, weil die beiden die ermordete Dame hätten beschatten sollen. Die beiden hochstapelnden Amateurdetektive hatten von einem betuchten Ehemann, der in der Politik was werden will, den Auftrag erhalten, die Gattin zu überwachen. Nun liegt sie da im weißen Salon, hat ein rotes Abendkleid an und vergiftetes Konfekt im Bauch, und natürlich benehmen sich Eduard und Pep daneben. In der Folge kommt es zu slapstickhaften Verwechslungen, bei denen ein grauenvolles Bild von Eduards Schwiegermutter verschwindet und die Ehefrau Eduards Ausreden zu hören bekommt. Die in Barcelona geborene Autorin hat eher ein Händchen fürs Komische als für Spannung (Mord auf katalanisch. Deutsch: Petra Zickmann, € 14,40, Piper).

(Ingeborg Sperl / ALBUM/ DER STANDARD, Printausgabe, 31.3./1.4.2007)