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Von der Leyen will Steuergeld für Betreuung.
Foto: Reuters/HANNIBAL HANSCHKE
"Den gemeinsamen Willen der politischen Verantwortlichen, wirklich tatkräftig voranzuschreiten, müssen wir jetzt auch gemeinsam ausnutzen." Kaum hatte die deutsche Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) den von ihr initiierten Krippengipfel erfolgreich hinter sich gebracht, da musste sie schon wieder um Verständnis werben - bei den eigenen Kabinettskollegen, in der eigenen Partei, im Osten wie im Westen.

Von der Leyen ist es zwar bei einem Spitzentreffen mit Vertretern der Länder und der Gemeinden gelungen, ihre Forderung nach 500.000 neuen Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren bis zum Jahr 2013 durchzusetzen. Zum ersten Mal seit 1949 werden Bund, Länder und Gemeinden sich gemeinsam um den Ausbau kümmern. Geht von der Leyens ambitionierter Plan auf, kann in sechs Jahren jedes dritte Kind unter drei Jahren in Deutschland auf einem der dann 750.000 staatliche finanzierten Betreuungsplätzen untergebracht werden - 30 Prozent bei Tagesmüttern, 70 Prozent in Krippen.

Doch jetzt geht erst einmal der Streit ums Geld richtig los

Von der Leyen rechnet, dass dieses Vorhaben 2007 und 2008 je eine Milliarde Euro kostet und zwischen 2009 und 2013 rund drei Milliarden Euro pro Jahr. Da Länder und Kommunen, die eigentlich zuständig sind, diese Summe nicht alleine stemmen können, hat von der Leyen Bundesmittel zugesagt, obwohl Krippenausbau nicht in die Kompetenz des Bundes fällt. Der Haken dabei: Das versprochene Geld hat sie selbst noch gar nicht in der Hand.

Am Dienstag zeigte sich von der Leyen zuversichtlich, dass Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) die von ihr benötigten Millionen herausrückt. Doch Steinbrück steht trotz sprudelnder Steuern auf der Bremse. Schon vor einigen Wochen hat er erklärt, dass eisernes Sparen oberstes Prinzip seines Hauses bleibe - auch im Konjunkturfrühling.

Er werde im Zuge der Haushaltsberatungen für das Budget 2008 prüfen, ob bei der insgesamt 185 Milliarden Euro schweren Familienförderung in Deutschland etwas umgeschichtet werden könne, ließ er am Dienstag durch eine Sprecherin ausrichten. Damit liegt Steinbrück ganz auf der Linie von SPD-Chef Kurt Beck. Der hat vor einigen Wochen schon erklärt, wie er sich die Finanzierung von mehr Betreuungsplätzen für die Kleinsten vorstellt: Kindergeld (Familienbeihilfe) nicht mehr erhöhen, steuerliche Begünstigung für besser verdienende Ehepaare kappen. Das aber will von der Leyen nicht.

Doch auch in der eigenen Partei schlägt der umtriebigen Familienministerin weiterhin Misstrauen entgegen. Nach wie vor finden männliche Politiker, dass man gar nicht so viele Betreuungsplätze für Kleinkinder brauche, da die Kleinen ja von ihren Müttern zu Hause betreut werden können. So erteilt der Haushaltsexperte der Union, Steffen Kampeter, dem "persönlichen Wunsch" von der Leyens gleich eine Absage: "Wir können Geld, das wir nicht haben, nicht für etwas ausgeben, wofür wir nicht zuständig sind. Der bayerische Fraktionschef Kurt Hermann wiederum reklamiert den Großteil des ohnehin noch nicht vorhandenen Geldes hurtig für den Westen, da dort viel mehr Krippen fehlen als in den neuen Bundesländern. So entfallen nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts in Bayern und Nordrhein-Westfalen auf 1000 Kleinkinder nur 21 Betreuungsplätze. Im Osten fällt die Bilanz deutlich besser aus, da staatliche Kinderbetreuung in der DDR fast ohne Alternative war. In Sachsen-Anhalt etwa kommen noch heute 566 von 1000 Kleinkindern in Krippen unter. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe 04.04.2007)