Bonjour tristesse am Spittelberg: Das Haus Sigmundsgasse 5 soll einem Neubau weichen

Foto: STANDARD/ Newald
Wien – Im März zogen die Punks ins Biedermeierhaus. Nur kurz, um der Forderung nach einem selbst verwalteten Haus Nachdruck zu verleihen. Und waren wohl nicht mehr als eine Fußnote in der jüngeren Geschichte des Hauses Sigmundsgasse 5, die von der Zukunft der Immobilie handelt. Jetzt, im April, fürchten Anrainer, dass der Abbruch des Gebäudes naht.

Der Konflikt darum zieht sich seit Langem dahin. Auf der einen Seite: der Hausbesitzer, die Firma "Lenikus & Co". Sie will abreißen und neu bauen. Auf der anderen Seite: der Bezirk, Denkmalschützer sowie viele Anrainer und Hausbesitzer der Gasse in Wien-Neubau. "Wir hätten gerne die ganze Straße unter Denkmalschutz, es ist ja eine der letzten reinen Biedermeierstraßen", sagt Josephine Kaci, Miteigentümerin vom Nebenhaus, Sigmundsgasse Nummer 3, und Mitstreiterin im Kampf gegen den Neubau. Sie sieht das Ende des Hauses nahen. Ein Indiz dafür: Es sähe doch schon sehr desolat aus.

Abrissbescheid und Baubewilligung

Die derzeitige Situation ist durchaus verzwickt. Den Stand beschreibt Thomas Blimlinger, Bezirkschef in Wien-Neubau und Gegner der Baupläne, im Gespräch mit dem STANDARD so: "Der Bezirk hat immer alle derartigen Pläne abgelehnt", stellt er gleich anfangs fest. Die übergeordnete Bauoberbehörde habe aber anders entschieden. Nun gebe es sowohl einen Abrissbescheid als auch eine Baubewilligung, sagt Blimlinger.

Bundesdenkmalamt sieht Bau anders

Dennoch kann Lenikus nicht starten: Das Bundesdenkmalamt (BDA) blockiert den Abriss. Konkret gibt es nämlich zwei Gutachten, die gegenteilig ausfallen. Gutachten eins, jenes der Stadt Wien, stützt sozusagen Lenikus. Es sieht das Haus nicht mehr "standfest" – also als abbruchreif. Dem widerspricht in einigen Punkten aber jenes des Bundesdenkmalamtes, sagt Bruno Maldoner vom BDA – was wiederum der Hausbesitzer Martin Lenikus naturgemäß anders sieht. Laut BDA geht es eben nicht um kunsthistorische Probleme, sondern um die Frage, "ab wann ein Haus nicht mehr stabil ist". Danach, so Maldoner, seien die Juristen am Zug.

"Der Bau wird relativ bald losgehen

Eines habe man Lenikus versichert: Das Ganze dürfe "nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag" laufen. Der glaubt: "Der Bau wird relativ bald losgehen." Wie das neue Wohnhaus aussehen wird, ist offen, weil Lenikus – auch dem Denkmalamt – Varianten anbietet. Dass ein Biedermeierensemble zerstört werde, bestreitet er: Eine Variante sehe vor, dass die Fassade ident bleibt.

Biedermeierhäuser "rapide am Abnehmen"

Für Maldoner geht es längst auch schon um ein prinzipielles Problem der Stadt. Der Bestand an Biedermeierhäusern im Vorstadtbereich, außerhalb des Gürtels, sei "rapide am Abnehmen". Er warnt: "In den letzten Jahren sind zig Häuser abgerissen worden." Gehe das so weiter, wird es in Kürze keine derartigen Häuser mehr geben, abgesehen von den schon geschützten. Ob da das Herz eines Landeskonservators blute? "Ja, natürlich." (Peter Mayr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.4.2007)