Mann als Mutter: Andreas Fasching (hier mit den Kindern – von links: Marcus (7), Stefan (4) und Herbert (8)

Foto: STANDARD/Fischer
Wien – Sein Talent zum Kindermann hat Andreas Fasching sozusagen am lebenden Objekt entdeckt. "Meine Mutter hatte immer wieder Pflegekinder aus Albanien bei sich wohnen, die in Österreich wegen einer Operation oder einer medizinischen Behandlung waren. Ich dachte mir: ‚Das versuchst du auch‘", erzählt der 24-Jährige.

Daheim mit dem kleinen albanischen Mädchen habe er dann "gemerkt, dass mir das Leben mit Kindern große Freude macht". Und – da er in seinem Brotjob als Bühnentischler an der Wiener Staatsoper wegen gesundheitlicher Probleme ohnehin nicht mehr arbeiten konnte – beschlossen, aus diesem Spaß einen Beruf zu machen. "Nein, keinen Beruf, sondern eine Berufung", korrigiert sich der gebürtige Wiener. Immerhin ist er der erste Mann weltweit, der bald als SOS-Kinderdorfvater arbeiten wird.

Als Vater in der Rolle der Mutter: Ab Herbst 2007 wird Fasching rund um die Uhr – um 1500 Euro netto monatlich und mit einem freien Tag pro Woche – für eine Handvoll Kinder in einer von fünf Wohnungen des ersten Wiener SOS-Kinderdorfs Floritz in Wien-Jedlesee da sein (siehe Wissen). Ganz so, wie es in den 450 SOS-Kinderdörfern weltweit sonst ausschließlich Frauen tun, wenn auch zum Teil verheiratete und in Beziehungen lebende.

Ehefrau als "Mann"

In Andreas Faschings Fall musste erst Ehefrau Karin Bedenken überwinden, bevor sie bereit war, ihrem Mann auf dem Weg in den 24-Stunden-Job zu folgen. Im künftigen Kinderdorf-Haushalt wird ihr die Rolle der Berufstätigen zukommen: "Ich bleibe daheim, meine Frau geht als Friseurin arbeiten", umreißt der väterliche Pionier die geplante Arbeitsteilung. Deren handfesten Konsequenzen blickt er gelassen entgegen: "Ich koche nicht ungern – und wenn ich es tue, dann koche ich gut."

Zudem stelle die Arbeit als Kindermann hohe organisatorische Ansprüche: "Es muss eingekauft und koordiniert, die Kinder müssen in die Schule, in den Kindergarten, zum Psychotherapeuten gebracht werden". Das bestätigt Floritz-Leiterin Christiane Weilhardter: Kinderdorf-Eltern müssten "hohe Management- und Beziehungsfähigkeiten" mitbringen. Mit ein Grund, dass "nur zwei von 100 Interessierten für diese Arbeit in Frage kommen".

Männer als Ausnahme

Geeignete Männer, so Weirather, seien überhaupt rar gesäht – so wie in allen pädagogischen Berufen. Seit dem familienpolitischen Tauwettter bei den SOS-Kinderdörfern vor etwa 15 Jahren – davor gab es nur alleinstehende Frauen als Kinderdorf-Mütter und Männer als Leiter – hätten sich in Österreich "nur zwei Männer beworben – und während der dreijährigen Ausbildung wieder aufgegeben".

Anders als sie hat Andreas Fasching durchgehalten – und um seine männliche Rolle ist ihm nicht bang. "Eine Familie besteht aus Mann und Frau", sagt er durchaus Werte bewusst, "und die Kinder gehen mit einem Mann viel offensiver um". "Vielleicht, weil sie sonst selten einen Mann zu Gesicht bekommen, der sich voll auf sie einlässt", gibt Weirather zu bedenken. (Irene Brickner, DER STANDARD print, 7./8./9.4.2007)