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Vor dem Regierungssitz in Algier explodierte am Mittwoch eine Autobombe.

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Die Feuerwehr löschte die Flammen.

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Sechs Stockwerke wurden durch die Explosion beschädigt.

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In Algerien haben sich die Islamisten zurückgemeldet. Zwei Bombenanschläge erschütterten die Hauptstadt Algier. Im Nachbarland Marokko spürte die Polizei Mitglieder einer Terrorzelle auf. Sie sprengten sich in die Luft, bevor sie verhaftet werden konnten.

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Algier/Casablanca/Madrid – Die Anschläge waren gut aufeinander abgestimmt. Um 10 Uhr 45 Ortszeit explodierten am Mittwoch in Algeriens Hauptstadt Algier zwei Bomben. Ein mit Sprengstoff gefüllter Pkw durchbrach nach Angaben von Augenzeugen die Polizeiabsperrung des Amtssitzes von Premierminister Abdelaziz Belkhadem und explodierte dann. Der zweite Anschlag galt dem Polizeikommissariat im Vorort Bab Ezzouar unweit des internationalen Flughafens von Algier. Nach Angaben von Anwohnern sollen drei Fahrzeuge gleichzeitig explodiert sein. Mindestens 24 Menschen starben, 222 wurden verletzt.

Nach offiziell nicht bestätigten Berichten wurden in der algerischen Hauptstadt zwei weitere Bomben entdeckt. Augenzeugen berichteten, dass die Rechtsfakultät der Universität Ben Aknoun wegen eines Sprengstofffundes evakuiert worden sei. Zudem sei in dem Viertel Hydra, wo etliche Botschaften ihre Residenz haben und hohe algerische Funktionäre leben, am späten Nachmittag eine etwa 30 Kilogramm schwere Autobombe entschärft worden. Das Fahrzeug war nahe dem Sitz der Behörde für Nationale Sicherheit abgestellt, hieß es.

Belkhadem bezeichnete die Anschläge im algerischen Radio als „kriminelle und feige Tat, zu einem Zeitpunkt, an dem die algerische Bevölkerung die Aussöhnung will“.

Salafisten

Hinter den Anschlägen werden die „Salafistischen Gruppen für Predigt und Kampf“ (GSPC) vermutet. Es handelt sich um die einzige Gruppe, die das Angebot von Präsident Abdelaziz Bouteflika, in die Zivilgesellschaft zurück zu kehren, ausgeschlagen hat. Die radikale Islamistengruppe, die sich seit Jänner „Al-Kaida-Organisation im islamischen Maghreb“ nennt, verstärkt stattdessen im Vorfeld der Parlamentswahlen im kommenden Mai ihre Aktionen. Immer wieder greift sie Polizeireviere, Armeeeinheiten und Angestellte ausländischer Erdölfirmen an. Unter dem Namen Al-Kaida wollen die algerischen Islamisten ein breites Netzwerk in Nordafrika aufbauen. In einem Anruf beim TV-Sender Al Jazeera soll sich die Gruppe auch zu dem Anschlag bekannt haben.

Die Algerier sollen in enger Verbindung zu Gruppen im benachbarten Marokko und auch Tunesien stehen. Radikale marokkanische und tunesische Islamisten haben vermutlich ihre Ausbildung in Algerien erhalten.

Schießereien bei Tunis

So nahm die algerische Armee bei ihren Aktionen gegen die GSPC immer wieder Marokkaner und auch Tunesier fest. Unter den Terroristen, die sich Ende Dezember und Anfang Jänner unweit der tunesischen Hauptstadt Tunis zweimal ein Feuergefecht mit der Polizei lieferten, sollen Tunesier gewesen sein, die sich nach dem Ausbruch des Irakkrieges in Algerien der GSPC angeschlossen haben.

Die Strategie der Ausweitung des „Heiligen Krieges“ scheint in vollem Gange. So schlugen auch im marokkanischen Casablanca diese Woche radikale Islamisten zu. Am Dienstag sprengten sich im Laufe einer Polizeirazzia drei Selbstmordattentäter in dem am dichtesten besiedelten Viertel El Fida in die Luft. Dabei starb ein Polizeiinspektor. Mehr als 20 Menschen wurden verletzt. Ein weiterer mutmaßlicher Islamist wurde von der Polizei erschossen.

Drei Menschen starben

Drei der vier Toten sind mittlerweile identifiziert. Der Erschossene ist Mohamed Mentala, der seit 2003 gesucht wird. Er soll an der Vorbereitung der Anschläge auf jüdische und westliche Einrichtungen beteiligt gewesen sein, bei denen am 16. Mai 2003 in Casablanca elf Selbstmordattentäter 32 Menschen töteten und Dutzende zum Teil schwer verletzten. Einer der Selbstmörder heißt Mohamed Rachidi. Er soll am Mord an einem Gendarmen in Casablanca, ebenfalls im Jahre 2003, beteiligt gewesen sein. Ein zweiter Selbstmordattentäter wurde als Ayub Raydi identifiziert, Bruder von Abdelfetah Raydi, einem der Attentäter von 2003. Die Polizei sucht nun weitere Mitglieder der Islamistenzelle von El Fida.

Für den Islamismusexperten an der Universität von Casablanca, Mohamed Darif, ist „nur schwer vorstellbar, dass diese Gruppe keine Verbindungen ins Ausland hatte“. Sich mit der Zündung eines Sprengstoffgürtels der Festnahme zu entziehen, entspreche den Anweisungen der Al-Kaida. (Reiner Wandler, DER STANDARD, Printausgabe 12.4.2007, APA/dpa/Reuters/AFP )