
Das besinnungslose Mallorca ist weit entfernt.
Viele Klosterbauten sind echte Besuchermagneten
Auf Mallorca gibt es noch zahlreiche bestehende Ordensgemeinschaften, viele Klosterbauten sind allerdings echte Besuchermagneten. Viel früher auch für echte Persönlichkeiten. So lebte im Winter 1838/1839 in der Kartause von Valldemossa Frédéric Chopin in einer kleinen, kargen Klosterzelle. Gerade in den Sommermonaten wird es heute noch richtig eng, jährlich kommen etwa 300.000 Besucher hierher. Im Tal der Serra de Tramuntana liegt das Kloster Lluc, wo ein bekehrter Hirtenjunge der Sage nach eine Madonna aus Sandstein fand. Zusammen mit den Klöstern Ermita de la Victoria auf der Halbinsel La Victoria bei Alcúdia, der Ermita de Nuestra Señora de Bonany bei Petra oder auch der Ermita del Puig de Maria in Pollença findet man allerdings genügend Ausweichmöglichkeiten. Und auch die kleineren christlichen Ordensgemeinschaften haben hier sichtbare architektonische Markierungen hinterlassen.
Whiskey am Empfang
Der typische Mallorca-Kalkstein. Rechts liegt wie eingelassen die Rezeption. Links ein helles Spiegelregal mit Schnaps und Whisky, in der gleichen Farbe wie der Mallorca-Sandstein. Klar, braun, rot. Ein Hotel. Mit vielen Ecken, Steinstufen bergab, ein großer Raum. Links herum. Steinstufen bergauf, ein Apartment. Fast schwarze Holzbalken unter der weiß getünchten Decke. Ein Teil des Speisesaals ist durch eine Falttür abgetrennt und im Hintergrund surrt laut ein Kühlregal für Wein, daneben ein Kamin. In der Mitte ein großer, ovaler Tisch für 14 Personen. Hier wird getrunken und gespeist. Heute. Vor ein paar Jahren noch schliefen hier die Nonnen des Franziskaner-Ordens, eng an eng, nur durch weiße Vorhänge voneinander getrennt. "Die Betten habe ich an meine Angestellten verschenkt", erinnert sich Manuel Salamanca, Hoteldirektor des "Es Reco de Randa". "Die Holzdecke wurde bewusst nicht gewechselt. Die ist nämlich typisch mallorquinisch, wie in einem einfachen Dorfhaus eben."
Drei Klöster in drei Stunden
Das Hotel liegt angenehmerweise direkt in Randa, Ausgangspunkt für eine der beliebtesten Wanderungen, folgt sie doch dem viel versprechenden Motto: drei Klöster in drei Stunden. Im Sommer nehmen rund 1000 Menschen pro Tag den Weg von Randa den Berg hinauf. Direkt an der Straße liegt die erste Station, die verlassene Einsiedelei "Nostra Senyora de Gràcia", gegründet 1440. Die steilen Überhänge im Fels sind durch Drahtgeflechte gesichert, das weiß getünchte Kloster ohne Außenfenster klebt wie ein Schwalbennest an diesem Hang. Weiter bergauf. Etwa nach einem Kilometer führt nach rechts ein Weg in den Wald hinein. Hier gelangt man zur Einsiedelei von Sant Honorat, schon seit 1890 wird sie von den Mönchen der Kongregation der Heiligen Herzen bewohnt. Das Plateau ist wesentlich größer, eine kleine Kapelle und ein weiträumiges Klostergelände gehören dazu.
Zur Denkmaschine
Auch Ramón Llull soll der Überlieferung nach im 13. Jahrhundert diesen Weg genommen haben. Der vom Lebemann zum Gläubigen Bekehrte hatte hier in einer Höhle seine Erleuchtung. Er predigte Zeit seines Lebens die Aussöhnung zwischen Juden, Mauren und Christen. Nicht mit dem Schwert, wie seinerzeit üblich, wollte er zum Glauben bekehren, sondern mithilfe einer Denkmaschine, der Ars Magna. Die Apparatur mit drei Rädern sollte mechanisch und logisch theologische Fragen beantworten. Der Inselheilige schrieb etwa 250 Bücher und hat für die katalanische Sprache etwa die gleiche Bedeutung wie Martin Luther für das Deutsche. Er machte sich dabei innerhalb der katholischen Kirche nicht unbedingt beliebt: Mehrfach ? in unterschiedlichen Jahrhunderten ? wurden seine Weisheiten auf den Index gesetzt. Nicht umsonst sind es vielleicht gerade die Franziskaner, hier in der Ausprägung des Regulierten Dritten Ordens von Franz von Assisi (auch Bußorden genannt), die es sich auf der Spitze des Berges zur Aufgabe gemacht haben, an ihn zu erinnern.
Einige Meter höher. Die Bäume verschwinden, karge Kalksteinsteppe mit größerem Buschwerk. Wie überdimensionale Mistgabeln ragen quer verstrebten Masten mit ihrer Haube aus dünnen Antennen in den Himmel. Ein weißer Fußball, groß wie ein Heißluftballon. Sie kündigen das Ende an, das Ende des Berges. Auf 548 Metern Höhe stellen die Telekommunikationseinrichtungen die einzigen Hochgewächse. Fast zumindest.
"Himmlischer Ausblick"